Anton Corbijn gelingt mit »Squaring the Circle« ein fesselnder Film über Hipgnosis, eines der prominentesten Designstudios von Schallplattencovern.

Squaring the Circle

Die Hüllenfreaks

squaring the circle

Peter Christopherson, Aubrey Powell und Storm Thorgerson betrachten ein legendäres 10cc-Cover des Hipgnosis-Universums | © Splendid Film

Ein gutes Plattencover ist die Antwort auf eine Frage, die der Betrachter noch nicht kennt. »The Dark Side of the Moon« zum Beispiel: Das Prisma von Pink Floyds Meisterwerk fängt den Geist der Musik auf mysteriöse Weise ein. Es ist aber auch ohne die Songs ein ikonisches Motiv, prangt auf T-Shirts, Postern, Jutebeuteln und Turnschuhen. Kreiert wurde es vom einst omnipräsenten Designstudio Hipgnosis, das in den Siebzigern die Kunstform Albumcover revolutionierte. Pink Floyd schworen auf sie genauso wie Led Zeppelin, Genesis, 10cc und unzählige mehr. Der Dokumentarfilm »Squaring the Circle: The Story of Hipgnosis« erzählt die Geschichte der kreativen Köpfe hinter den Covern. Keine einfache Aufgabe für Anton Corbijn in seiner ersten dokumentarischen Arbeit. Aber der Niederländer hat das nötige Gespür, denn er ist eng mit der Popkultur verbunden. Seine Videoclips für Depeche Mode und Nirvana bestechen bis heute durch ihre kunstvollen, einprägsamen Bilder. Und »Control«, seinerfolgreichster Film, handelt von Ian Curtis, Sänger von Joy Division. Bereits darin verwandte Corbijn eine Film-noir-Ästhetik, die er nun wieder aufgreift. Die Interviews zeigt er schwarz-weiß, im Kontrast dazu stehen die farbigen Cover. Sie strahlen.

Herzstück des Films sind trotzdem die Gespräche, die Corbijn mit Weggefährten und Freunden von Hipgnosis führte: Paul McCartney, Jimmy Page, Robert Plant, Peter Gabriel, Roger Waters, David Gilmour. Selbst Noel Gallagher darf ein paarmal über den Verfall des Artworks im Streamingzeitalter pöbeln. Am meisten Raum aber bekommt Aubrey Powell. Der Fotograf, von allen nur Po genannt, ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied von Hipgnosis. Sein kreativer Partner Storm Thorgerson, der bereits 2013 starb, kommt nur in Archivaufnahmen zu Wort.

Corbijn konzentriert sich auf Hipgnosis’ kreative Arbeit, und die ist oft zum Brüllen komisch. Etwa, wenn Pink Floyd von den entsetzten Reaktionen ihrer Plattenfirma auf das Cover von »Atom Heart Mother« berichten. Denn darauf ist nichts weiter als das Foto einer Kuh zu sehen – kein Bandname, kein Titel, nichts. Oder wenn ein breit grinsender Jimmy Page zugibt, dass das Artwork von Led Zeppelins »In Through the Out Door« Unsummen verschlungen hat und um Längen besser ist als die Musik.

Dann gibt es noch die »Ausschuss-Box«, die praktisch jeder Musiker kennt. Darin sammeln Hipgnosis abgelehnte Entwürfe, nur um sie dann dem nächsten Künstler anzubieten. So landet ein ursprünglich für 10cc vorgesehenes Bild auf »Getting Closer«, einer Single von Paul McCartneys Wings. Die Doku endet mit einer Würdigung des kreativen Ideengebers Thorgerson. Ein brillanter Künstler, der wohl nicht immer einfach war. Ein unausstehlicher Narzisst, McCartney nennt ihn »really crappy«. Zu Hipgnosis steuert er seine chaotischen Ideen bei, die restliche Arbeit überlässter Powell. Storm zündet die Bombe, Po räumt auf, heißt es im Film. Anfang der Achtziger wachsen ihnen die kreativen und finanziellen Differenzen endgültig über den Kopf. Hipgnosis ist darüber zerbrochen. Ihre Cover bleiben. ||

SQUARING THE CIRCLE
Großbritannien, 2023 | Dokumentation, Buch & Regie: Anton Corbijn | Mit: Aubrey Powell, Storm Thorgerson, Paul McCartney, Jimmy Page u. a. | 101 Minuten | Kinostart: 14. März | Website

Weitere Filmkritiken finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

Das könnte Sie auch interessieren: