Franz von Assisi kann als erster Aussteiger, als erster Friedensbewegter, als erster Klimaaktivist gelten, während seine Freundin Klara Feministin war, lange bevor das Wort existierte. Beide treffen auf dem Freisinger Domberg in der Ausstellung »San Francesco« auf die weltbekannte Künstlerin Kiki Smith.

San Francesco. Der Heilige aus Assissi und Kiki Smith. Empathy

Wahlverwandtschaften

san francesco

Orazio Gentileschi (1563–1639): »Der hl. Franziskus wird von einem Engel getröstet« | um 1610–1612 © Rom, Gallerie Nazionali di Arte Antica – Palazzo Barberini e Galleria Corsini

SAN FRANCESCO.
DER HEILIGE AUS ASSISI & KIKI SMITH. EMPATHY
Diözesanmuseum Freising | Domberg 21 | bis 7. Januar 2024 | Di–So 10–18 Uhr | Themenführungen am 19.11. und 3.12., Anmeldung: kunstvermittlung@dimu-freising.de | 23.11., 18 Uhr: Alois Prinz liest aus seiner Biografie »Franz von Assisi. Tierschützer, Minimalist und Friedensstifter« | 30.11., 18 Uhr: Kinoabend »Bruder Sonne, Schwester Mond« (Franco Zeffirelli, 1972) | Der Katalog kostet 39,50 Euro

»Bruder Sonne, Schwester Mond« nannte Franco Zeffirelli 1972 seine pathosgeladene Verfilmung des Lebens des Franz von Assisi, die den Besucher gleich zu Beginn des Ausstellungsparcours empfängt, mit einem naiven, dabei wild entschlossenen Franz, fast noch ein Kind (gespielt von Graham Faulkner), der mit seinem Vater über die Tuche streitet, die er gerade für die Armen aus dem Fenster geworfen hat. Seinen Reichtum loszulassen mache den Körper frei und die Seele leicht, erklärt er. Der Vater hält ihn für wahnsinnig. Franz macht sich auf den Weg, das »Haus des Herrn« wieder aufzubauen. So hat er Jesu Auftrag verstanden.

Dem Kuratoren-Team um Christoph Kürzeder ist mit dieser Ausstellung in den hellen Räumen des vor einem Jahr wiedereröffneten Diözesanmuseums auf dem Domberg etwas sehr Schwieriges gelungen: den Menschen Franz von Assisi, geboren 1181 oder 1182, hinter all den Zuschreibungen, Projektionen und Deutungen der fast 800-jährigen Rezeption in den verschiedenen Epochen lebendig werden zu lassen. Die Popularität dieses Heiligen ist bis heute ungebrochen. Zuletzt erfuhr sein Name eine zusätzliche Würdigung, als der regierende Papst Jorge Mario Bergoglio sich Papst Franziskus nannte. Er gab mit dieser Referenz die inhaltliche Ausrichtung seiner Ära vor: Hinwendung zum leidenden Menschen, Demut, Bescheidenheit.

Zwei Menschen unter den Heiligen

san francesco

Carlo Crivelli (1430/1435–1495): »Heilige Klara aus dem Polyptychon von Montefiore dell’Aso« | um 1471 | © Ascoli Piceno, Museo Civico

Franz von Assisi war Aussteiger, Ordensgründer, Prediger, Asket, Menschenfreund und Naturliebhaber. Er sah in seinem »Sonnengesang«, den er am Ende seines Lebens verfasste, die Schöpfung als großes Ganzes, dem der Mensch sich liebend nähern und die er in all ihren Erscheinungen pfleglich behandeln sollte. Diese und andere Aspekte verfolgt die Ausstellung, setzt dabei Schwerpunkte unter anderem auf die absolute Armutsverpflichtung und seine Nachfolge Jesu. Die Legende, dass Franziskus die Wundmale Christi in einem Zustand seelischer Entrücktheit empfangen habe, wird in vielen Darstellungen zum Sujet großer Künstler. Giotto, Altdorfer und Caravaggio sind vielleicht die berühmtesten. Dieses Wunder, beschrieben in der ersten offiziellen Biographie von 1492, zeigt in der Ausstellung auch ein Bild des Maestro del Tondo Borghese (Florenz um 1485), das sonst in den Uffizien hängt: einer der von Christus am Himmel ausgehenden Strahlen durchdringt sogar den Leib von Francescos Begleiter, Frate Leone mit dem Buch. Dieselbe Szene, besonders eindrucksvoll und menschlich anrührend, schildert ein großformatiges Leinwandgemälde von Tizian. Der Maler setzt auf eine fast intime Gestaltung dieses Moments, in dem Jesus nicht vom Kreuz herab, sondern im Innenraum einer Wolke stehend freundlich auf den Menschen Francesco blickt, während die Wundmale beider wiederum durch Linien aus Licht miteinander verbunden sind. Der Bogen exquisiter Leihgaben spannt sich von Originalkostümen des Zeffirelli-Films bis zur frühen Franziskus-Tafel von Bonaventura Berlinghieri aus dem Jahr 1235.

Die komplette Besprechung finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

Das könnte Sie auch interessieren: