Vor zehn Jahren starb der Komponist Harald Genzmer. An der Musikhochschule wird mit einem kleinen Festival an ihn erinnert.
Harald Genzmers Musik hat Witz, und das ist fast schon ein Affront. Denn es ist zeitgenössische Klassik. Musik mit dem »E«-Präfix, ernst also, etwas, das nicht »U« sein sollte. Nur ging ihm diese Unterscheidung gegen den Strich, denn sie widerspricht dem Prinzip der Neugier, das wiederum die Triebfeder des Kreativen darstellt und ihm nicht zuletzt sein Lehrer Paul Hindemith mit auf den künstlerischen Lebensweg gegeben hatte. Also komponierte er, was ihn herausforderte. Das konnte Musik für das Trautonium sein oder sich historischen, jedoch zwischenzeitlich als rückwärtsgewandt verstandenen Formen wie dem »Divertimento« widmen. Vor allem durften Themen vorkommen, die auf Melodien basierten, nicht auf Rechenmodellen, Klangkonstrukten, analytischen Ideen. Das wiederum machte den sein Lebtag vor Energie nur so überschäumenden Harald Genzmer auch bei seinen Studenten beliebt, die er etwa zwischen 1957 und 1974 an der Münchner Musikhochschule auf den Weg brachte.
»Musik soll vital, kunstvoll und verständlich sein«, meinte er selbst. »Als praktikabel möge sie den Interpreten für sich gewinnen, als erfassbar sodann den Hörer.« Allerdings muss sie auch verlegt, verbreitet und gespielt werden. Darum kümmert sich unter anderem die Harald-Genzmer-Stiftung, die als Motor hinter einem kleinen Festival steht, das anlässlich des zehnten Todestags des Komponisten ihn und einige seiner Zeitgenossen ins Programm nimmt. Als Kurator konnte der Pianist Oliver Triendl gewonnen werden, als Veranstaltungsort ist die Hochschule für Musik und Theater mit ihren Sälen in der Arcisstraße mit im Boot. Am Wochenende vor Weihnachten gibt es drei Konzertblöcke mit unterschiedlichen Programmen, die ein eigens zusammengestelltes Ensemble mit Größen wie dem Klarinettisten Pascal Moragues, der Flötistin Janne Thompson oder auch dem Hornisten José Vincente Castello präsentieren. »Wichtig war dabei, nicht nur bekanntes Material dieser Jahre vorzustellen«, erläutert Triendl seine Auswahl. »Ich finde, dass Zuhörer durchaus Entdeckungen machen sollen.«
Und deshalb werden neben selten gespielten Kompositionen wie Genzmers »Septett für Harfe, Flöte, Klarinette, Horn, Violine, Viola und Violoncello GeVV 350« auch Stücke seiner Schüler wie Berthold
Hummel und sogar eine Uraufführung von Roland Leistner-Mayer zu hören sein, der aus diesem Anlass das »Poem X an H.G. für Violine, Horn und Klavier« geschrieben hat. Die Eintritte für die Konzerte sind frei, eine Botschaft an die Hörer, zahlreich zu erscheinen. Außerdem wird die Arbeit am Werk Harald Genzmers auch im kom menden Jahr fortgesetzt. Bereits zum fünften Mal kann der Nachwuchs an der Münchner Musikhochschule am Genzmer-Kompositionswettbewerb teilnehmen und auch der Interpretationswettbewerb in Zusammenarbeit mit der Harald-Genzmer-Stiftung findet 2018 schon zum zweiten Mal statt. Viele Möglichkeiten also, um sich dem Werk eines Komponisten zu nähern, der durch sein Œuvre und seine Person das Münchner Musikleben jahrzehntelang geprägt hat. ||
HARALD GENZMER KONZERTWOCHENENDE
Hochschule für Musik und Theater| Arcisstr. 12
16. Dez. | 18 und 20 Uhr | 17. Dez.| 11 Uhr | Eintritt frei
Website
Das könnte Sie auch interessieren:
Münchner Philharmoniker: Die Spielzeit 2021/22
Lucinda Williams: Live in München
1984: Die Oper am Theater Regensburg
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton