Cecilia Bartoli will mehr von einem Arienabend als das »Best Of« der Oper. Deshalb präsentiert sie Mozarts »La Clemenza di Tito« in der Isarphilharmonie musikalisch komplett.

Cecilia Bartoli

Macht und Milde

cecilia bartoli

Cecilia Bartoli © Emanuele Scorceletti

Ein Arienabend ist oft etwas sehr Seltsames, als »Best of Oper«, eine Aneinanderreihung von Hits, ein Schaulaufen der Sängerin oder des Sängers. Cecilia Bartoli sticht da schon immer heraus. Wenn die italienische Mezzosopranistin einen Arien-Abend gibt, dann ist das Theater. Allein die Mimik der Künstlerin ist so ausdrucksstark wie sonst sehr viel Maske und Kostüm.

Hinzu kommt ihr Sinn für musikhistorische und musikalische Zusammenhänge. Sie gibt kein Schaulaufen, kein Hits abklappern, sondern feingesponnene Programme. Bartoli, die seit 2012 auch die Salzburger Pfingstfestspiele leitet, gräbt also auch vergessene Stücke aus, setzt die Bearbeitungen zurück und präsentiert die Werke so, wie sie komponiert wurden. Die historische Aufführungspraxis oder historisch informiertes Aufführen ist in den vergangenen Jahren sowieso immer populärer geworden. Bei Sängerinnen und Sängern aber im Vergleich zu anderen Instrumentalisten hat sich diese Art der Interpretation aber noch vergleichsweise wenig durchgesetzt. Bartoli sucht dabei nicht nur Sensibilität für die Entstehungszeit der Werke, sondern eben auch für ihren theatralischen Gehalt.

Nur konsequent ist es so, dass die große Mezzosopranistin nun die konzertante Aufführung einer ganzen Oper auf das Konzertsaal-Podium bringt. Mit »La Clemenza di Tito« hat sie Mozarts letzte italienischsprachige Oper, die parallel zur »Zauberflöte« entstand, ausgesucht. Das Handlungsgeflecht führt über zurückgewiesene Liebe und Machtansprüche schließlich zu der Frage, ob Macht und Autorität nicht auch gerade über Milde und Gnade funktioniert, statt über Tyrannei. Angesetzt im antiken Rom, ist der Stoff weit weniger leicht und märchenhaft als die »Zauberflöte«. Als politisches Ränkespiel und zwischenmenschliches Liebesdrama liegen darin aber ganz andere Fragen. Denn über Macht und Milde, über Frieden und Vergebung nachzudenken, ist heute durchaus angebracht.

Ohne Bühnenbild und inszenatorische Einordnung des Geschehens wird der Raum für die aktuellen Fragen der Oper groß. Cecilia Bartoli hat das Ensemble dafür selbst zusammengestellt. Gianluca Capuano leitet das von Bartoli mitgegründete Ensemble »Les Musiciens du Prince«, die natürlich historisch informiert spielen. John Osborn gibt den Tito, Alexandra Marcellier die Vitellia. Den Sesto übernimmt Cecilia Bartoli. Und diese Rolle, eine Hosenrolle, macht die Oper erst empathisch greifbar. Sesto steht in der Mitte als jugendlicher Liebhaber, wird benutzt und letztlich begnadigt. Und ist als Identifikationsfigur emotionaler Schmierstoff des Werks.

CECILIA BARTOLI: LA CLEMENZA DI TITO
Isarphilharmoie HP8, Hans-Preißingerstraße 8 | 6.Dezember | 20 Uhr | Tickets: 089 5481 8181

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