B.O.A. – »Bilder-Objekte-Aktionen« ist eine der ältesten Medienkunst-Kooperativen in Europa. Wir gratulieren zum 50. Geburtstag.
B.O.A. Videofilmkunst
»Den Trend sehen, aber dagegen schwimmen«
Was Ende 1974 mit einem Weihnachtsbasar in der Produzentengalerie B.O.A. (Website) begann, wo sich Peter Weibel, Valie Export, Günter Brus, Stan Brackhage, Steina und Woody Vasulka, Tony Conrads und anderen Pioniere der Medienkunst und des Expanded Cinema die Klinke in die Hand gaben, ist heute ein hochprofessionelles Medienunternehmen. 1975 fand das erste B.O.A.-Experimentalfilmfestival statt. Im Mai 2025 wird das DokFest, mit dem B.O.A. eng verbunden ist, 40 Jahre alt. Dann wird gemeinsam groß gefeiert.
Es ist Nachmittag, ein heißer Tag Ende Juli. In der Küche sitzt an einem langen Tisch Peider A. Defilla und verspeist Nudeln mit einer duftenden Tomatensoße. Willst Du mitessen, fragt er. Nein danke, sagt die Autorin, ich kann mit vollem Mund nicht arbeiten. Zwischendurch strecken Kolleginnen den Kopf durch die Tür, loben die Pasta, die heute Disponentin Heike Springer gekocht hat, und wünschen noch einen schö- nen Abend. Kameramann Andre Knauer wirft die Kaffeemaschine an. Dann kommt Peiders Sohn Roman Linke dazu.
Münchner Feuilleton: Was war so spannend an der Videoarbeit, dass sich daraus eine Künstlergruppe entwickelte?
Peider A. Defilla: Ich bin Anfang 1975 aus der Schweiz nach München gekommen auf der Suche nach einem Studienplatz. Davor war ich in Liechtenstein am Gymnasium, und zwischendurch am Konservatorium in Winterthur. Dort war ich unter anderem Sängerknabe, habe im Orchester gespielt und angefangen zu komponieren, ich war auch Organist. Mein Gymnasium in Liechtenstein war eine musische Schule, und das Tolle dort war, dass es eine Orgel gab, aber auch ein Fotolabor und ein Kino und alles Mögliche, das war ein Paradies für mich. Dort habe ich angefangen, mich mit Fotografie und Film zu beschäftigen, und im Dezember 1974 habe ich im belgischen Knokke auf Einladung des 5. Experimentalfestivals (EXPRMNTL5) meine ersten Videos mit einem Video-Synthesizer hergestellt. Das war ein Riesenapparat, der eigens für dieses Festival aus Kanada nach Knokke gebracht wurde, 5 x 2 Meter lang, mit vielen Röhren. Da es mit dem Monster-Apparat nicht möglich war, irgendwas aufzuzeichnen, habe ich meine Super-8-Kamera genommen und hab’ vom Monitor abgefilmt. Letztes Jahr haben wir diesen Film-vom-Film im Werkstattkino beim Underdox-Festival nochmal aufgeführt, und dazu habe ich Bratsche gespielt. So funktioniert die Verbindung zwischen Film, Video und Musik!
Da es 1975 an den Akademien der Bildenden Künste in Deutschland und anderswo noch keine Videoklassen gab, wurde ich als erster Video-Student in die Mal- und Objektkunstklasse von Karl Fred Dahmen aufgenommen, was damals eine Sensation war, die auch in der Fachpresse Niederschlag gefunden hatte. In dieser Zeit begann ich, mich in der Galerie B.O.A. zu engagieren. Die B.O.A. war ein neues Künstlerkollektiv, das vor allem Leute von der Kunstakademie als Produzentengalerie gegründet hatten. Die waren offen für Einzel- und Gruppenausstellungen, für Musik und dann auch für Filmveranstaltungen, Workshops und Sessions aller Art. Meine ersten Beiträge waren Videos, die mit einer Schwarz-Weiß-Ausrüstung, die man noch mühsam in der Gegend herumschleppen musste, hergestellt wurden. Wir haben angefangen mit Stadtteilarbeits-Videos sozialpädagogischer Art, und parallel dazu haben wir in der B.O.A.-Galerie erste Videoausstellungen gemacht. Im Mai 1975 fand das erste Experimentalfilmfestival dort statt, und seitdem bin ich in der B.O.A. dabei. Ich habe mit meinem Videospleen weitergemacht – das war damals ein echter Spleen, weil niemand wusste, was das war – und wurde oft belächelt, weil wir ja angeblich keine Ahnung von Film hatten, auch nicht von Musik oder Fotografie … und deshalb »mussten« wir Video machen. Die ersten Besprechungen in den Feuilletons über unsere Ausstellungen zeugen vom damaligen Unverständnis der Kunstwelt. Es war allerdings auch mühsam und technisch umständlich und wahnsinnig teuer. Trotzdem haben wir 1976 und 1977 drei Videoausstellungen gemacht, damals noch in der Schraudolphstraße im Keller, und 1977 waren wir dann auch Teilnehmer der documenta, das war das erste Jahr, in dem es in Kassel Videokunst gab.
Das komplette Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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