Für seine Kunst geht Wolfgang Flatz seit Jahrzehnten an seine körperlichen Grenzen. Jetzt wollte der gebürtige Österreicher live seine Haut versteigern lassen – doch es kam anders. Dafür steht der Mensch als Kunstwerk im Zentrum seiner Werkschau in der Pinakothek der Moderne. Das ist anrührend, aufregend und aufrüttelnd.
FLATZ in der Pinakothek der Moderne
Aktion statt Auktion
FLATZ – SOMETHING WRONG WITH PHYSICAL SCULPTURE
Pinakothek der Moderne | Barer Str. 40 | bis 5. Mai | täglich außer Mo 10–18 Uhr, Do bis 20 Uhr | Termine: Am 11. April, 19 Uhr, zelebriert FLATZ seine Live-Performance »Horse« (2006), bei der er unbekleidet auf einem Podest mit dem Rücken zum Publikum steht, während in einem Videoloop an der Wand ein Film zu sehen ist, in dem auf einem Schlachthof Pferde mit einem Bolzenschuss getötet werden | 7. März: Screening der Performancefilme im Ernst von Siemens-Auditorium, 19 Uhr, Eintritt frei
Er kann es noch: Mit seiner Kunst provozieren und dabei den Nerv der Besucher treffen. Mit der Ankündigung einer einzigen neuen Aktion erreichte Wolfgang Flatz maximale Aufmerksamkeit. Die Medien berichteten auf allen Kanälen über den »Schock-Künstler«, der seine Haut versteigern lassen will. Zur Eröffnung seiner Retrospektive »FLATZ – Something Wrong with Physical Sculpture« in der Pinakothek der Moderne kamen dann so viele Menschen, dass das Wachpersonal die, die zu spät kamen, am Eingang abwies. Es waren TV-Teams und Fotografen vor Ort, auf der Bühne zeigte ein Großbildschirm FLATZ-Arbeiten, die Teil der Ausstellung sind. Etwa das Selbstporträt mit rot verwischtem Stern auf der Stirn namens »Star« von 1989, dem Jahr, als FLATZ als einer der ersten westlichen Künstler in Russland ausstellte.
Gekommen waren die rund 1000 Gäste aber nicht nur, um alte (und ein paar neue) Werke des 71-Jährigen zu sehen, auch nicht wegen DJ Hell, dessen Mischpult bereits aufgestellt war und eine launige Party versprach. Sie wollten den Künstler live bei der Auktion seiner eigenen Haut erleben. Unter dem Titel »To Risk One’s Own Skin – die eigene Haut zu Markte tragen« hatte Christie’s den Abend angekündigt. Starauktionator Dirk Boll selbst sollte den Hammer schwingen, wenn zwölf Tattoos, die FLATZ sich im Laufe seines Lebens in die Haut ritzen ließ, an den Meistbietenden gehen – als Erbschein und Zertifikat. Denn vor dem Ableben des Künstlers müssen sich Käufer mit großformatigen Fotos begnügen, die den nackten FLATZ in Schwarzweiß zeigen, das jeweilige Tattoo ist darauf farbig gekennzeichnet. Erst nach seinem Tod soll das echte Hautstück abgetrennt und eingefügt werden, präpariert und hinter Glas. Das erste Tattoo ließ sich FLATZ 1975 stechen, sein letztes vor zwei Jahren verweist auf die Endlichkeit seines Lebens hin: »Mors certa, hora incerta« steht da, der Tod ist gewiss, nicht die Stunde.
Den kompletten Artikel finden Sie ab heute in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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