In seinem neuen Buch »Mitte/Rechts« widmet sich Thomas Biebricher, Professor für Politische Theorie, Ideengeschichte und Theorien der Ökonomie, der Krise des Konservatismus. Chris Schinke hat ihn dazu befragt.

»Mitte/Rechts«: Thomas Bierbricher im Interview

»Die Rendite von Kulturkämpfen fahren immer Parteien des rechten Rands ein«

mitte/rechts

Thomas Biebricher | © Heike Steinweg SV

THOMAS BIEBRICHER: MITTE/RECHTS. DIE INTERNATIONALE KRISE DES KONSERVATISMUS
Suhrkamp, 2023 | 638 Seiten | 30 Euro

In Ihrem Buch »Mitte/Rechts« beschäftigen Sie sich mit der Lage des Konservatismus. Wie bewerten Sie die Rolle der konservativen Parteien hinsichtlich des Landtagswahlkampfes in Bayern?
Auffällig ist, dass dieser Wahlkampf viel Kulturkampfvokabular enthält. Das kommt einerseits stark von Ministerpräsident Söder und der CSU. Aber auch Hubert Aiwanger ist in der Hinsicht einer der Protagonisten. Ob dieser Kulturkampf wirklich hilfreich ist, bezweifle ich. Betrachtet man den europäischen Kontext, dann zeigt sich, dass die Rendite bei Kulturkämpfen eigentlich immer Parteien des rechten Rands einfahren, in Deutschland die AfD.

Aber Markus Söder und Hubert Aiwanger scheinen einen Nutzen darin zu erkennen. Oder woher die Aufregung um Themen wie Kinderbuchlesungen, Gendern und Ernährung?
Themen wie Gender und Ernährung sind verführerische Themen für Parteien, die erst mal viel Aufmerksamkeit versprechen, mobilisierungsträchtig sind und ein großes Empörungspotenzial haben. Gerade für Mitte-rechts-Parteien, die strukturell auf der Suche nach ihrem Profil sind, ist das verlockend, weil diese Themen klare Positionierungen ermöglichen und die Debattenstruktur entsprechend einfach ist.

Auch die CDU im Bund entdeckt den Kulturkampf für sich. Der Parteivorsitzende Friedrich Merz und sein neuer Generalsekretär Carsten Linnemann vorneweg. Sehen Sie in der Hinsicht weiteres Eskalationspotenzial? Gerade im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen in Ostdeutschland.
Für die vergangenen Wochen und Monate lässt sich das sicherlich sagen. Ich würde im Fall der CDU eine ziemlich große Desorientierung diagnostizieren. Dies vor dem Hintergrund einer inhaltlichen Leere und Unklarheit der Ausrichtung. All die kulturkämpferischen Wortmeldungen werden auch deshalb so stark wahrgenommen, weil man ansonsten nicht sehen kann, wohin sich die Partei eigentlich orientieren möchte und was ihre größere strategische Ausrichtung ist. Es steht nun ein neues Grundsatzprogramm der Partei bevor, das in der Mache ist. Herrn Linnemanns Aufgabe wird auch sein, der Partei ein Profil zu geben.

Das kompletter Interview finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

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