Pünktlich zum Fest haben unsere Autoren wieder einige Buchtipps für Sie! Noch mehr gibt es in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

Buchtipps zu Weihnachten

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SANDRA KEGEL (HRSG.): PROSAISCHE PASSIONEN
Manesse, 2022 | 928 Seiten | 40 Euro

SICHTBARWERDUNG
»Spätestens um 1900 ist die Weltliteratur nicht mehr bloß ein Gruppenbild mit Dame«, schreibt Sandra Kegel im Nachwort zu ihrer über 900 Seiten starken Anthologie »Prosaische Passionen«. »Frauen hatten sich ihren Anspruch auf Gleichberechtigung erkämpft und genossen als selbstständige, gebildete und studierte Frauen mehr Freiheit denn je.« Die Krux ist: Zunehmende Freiheit bedeutet noch keine Chancengleichheit. So waren etwa zwei Dutzend der in diesem Band versammelten 101 Frauen für den Literaturnobelpreis nominiert. Erhalten haben ihn drei: Selma Lagerlöf 1909, Grazia Deledda 1926 und Sigrid Undset 1928. Es sei höchste Zeit, den literarischen Kanon zu überschreiben, so die Herausgeberin Kegel. »Viel zu viele weibliche Stimmen sind bis heute nicht in der Welt.« 35 Übersetzer*innen haben dazu beigetragen, das zu ändern: Die Short Storys der zwischen 1850 und 1921 geborenen Autorinnen – sowie der etwas älteren Sofja Tolstaja – wurden aus 25 Weltsprachen übertragen, einige davon erstmals ins Deutsche. Neben Ikonen der literarischen Moderne wie Clarice Lispector, Doris Lessing, Virginia Woolf und Simone de Beauvoir gibt es also einige beeindruckende Autorinnen zu entdecken. Oder auch Neues von denen, die bereits zu den wichtigsten ihrer Zeit zählten – beispielsweise von Selma Lagerlöf, die in ihrem Werk wie in ihrem Leben herrschende Konventionen lustvoll unterlief. ||
TINA RAUSCH

 

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KATIE MACK: DAS ENDE VON ALLEM
Aus dem Englischen von Jens Hagestedt
Piper, 2021 | 272 Seiten | 22 Euro

TRÖSTLICHE ENDZEITVISIONEN
Feuer also. Die Erde wird in etwa fünf Milliarden Jahren als Feuerball enden, so viel ist sicher. Das ist kein Spoiler, denn die Astrophysikerin Katie Mack beginnt ihr Buch »Das Ende von allem« mit genau dieser wissenschaftlichen Feststellung. Dramaturgisch ist das kein Problem, denn von da an geht es sowieso bergab. Was Mack interessiert, ist nichts weniger als das Ende des gesamten Universums. Der Urknall sei weitaus genauer erforscht, erklärt sie und skizziert deshalb fünf mögliche Untergangsszenarien, deren Titel allesamt auch schlechten Katastrophenfilmen gehören könnten: »Big Crunch«, »Big Rip«, Vakuumszerfall, Urprall und Wärmetod, der am wahrscheinlichsten ist: der letztliche Stillstand des Universums.

Zugegeben, angesichts der Weltlage ist die Laune eh schon auf Endzeitniveau, doch bei all der Apokalypse hat Macks Buch etwas sehr Tröstliches. Das liegt vor allem an der Munterkeit, mit der sie entlang des kosmischen Zeitstrahls persönliche Anekdoten und wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem Gesamtbild aus Thermodynamik, Quantenmechanik und Stringtheorie zusammensetzt. »Die Anerkenntnis, dass alles einmal endgültig zu Ende sein wird, macht uns Mut und ermöglicht uns, mehr im Augenblick zu leben. Vielleicht kann dies der Sinn sein, den wir suchen«, überlegt sie und hat vermutlich recht, wenn sie diesen eben nicht in den Sternen sucht. ||
SOFIA GLASL

 

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KLAUS DOLDINGER, NIKOLAUS DOLDINGER, TORSTEN GROSS: MADE IN GERMANY – MEIN LEBEN FÜR DIE MUSIK
317 Seiten, 32 Abb., zahlreiche QR-Codes zu Musikbeispielen | Piper, 2022 | 26 Euro

FREIHEITSDRANG
Ohne Übertreibung: Musik für die ganze Welt. Denn der 85-jährige Klaus Doldinger hat musikalische Anregungen aus nahezu allen Ländern aufgegriffen, darüber und damit improvisiert, sie »ver-komponiert«, meist hier und dort aufgenommen und gespielt. Dazu dann noch: die erste »Tatort«-Titelmusik mit dem jung-unbekannten Udo Lindenberg am Schlagzeug, inzwischen die x-te Fassung, der Soundtrack zu »Das Boot«, der »Unendlichen Geschichte«, anderen Filmen und Dokus, Auftritte mit Klassikensembles und unerkannt viele Werbejingles. »Die Beschäftigung mit Kunst und Musik ergab sich aus unserem unbändigen Freiheitsdrang nach dem Drill und der Repression der Nazizeit«, sagt Doldinger über seine 1945 in Schrobenhausen beginnende, dann in Düsseldorf aufblühende Jazzbegeisterung. Inzwischen ist das Ickinger Haus und Studio neue Heimat geworden. Dazwischen liegt eine anschaulich und »swinging« erzählte Weltkarriere. ||
WOLF-DIETER PETER

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