»Monty Python’s Flying Circus« erscheint erstmals in restaurierter HD-Version. Simon Hauck hat einen Blick in die Box geworfen.
Monty Python’s Flying Circus:
Comedy-Weltkulturerbe
»And now for something completely different …« Als am 5. Oktober 1969 die Anarchokomiker-Truppe »Monty Python’s Flying Circus« das erste Mal via BBC One auf die britische Bevölkerung losgelassen wurde, kam das einer echten TV-Revolution gleich, wobei die Zuschauerzahlen anfangs niedrig waren. Trotzdem hatte es etwas derart Freizügiges-Groteskes, Brachiales wie Hintersinniges trotz langer Comedy-Historie auf der Insel vorher noch nie gegeben. Das von Ian MacNaughton, der ab den 1970ern in München lebte und später exaltierte »Telekolleg«- Kursfolgen verantwortete, und John Howard Davies (»Fawlty Towers«/»Mr. Bean«) ersponnene Kultformat stellte bereits in der ersten von insgesamt vier Staffeln mit jeweils 45 halbstündigen Episoden die damalige Fernsehabendunterhaltungswelt komplett auf den Kopf. Ob in rotzfrechen Parodien auf den strengen Nachrichtenduktus der BBC oder stinklangweilige Kultur- und Talksendungen, in historisch wie politisch völlig inkorrekten Persiflagen mit Mozart (Cleese), »Heinrich Bimmler« (Palin) und »Ron Vibbentrop« (Chapman) oder den gar nicht spaßfreien Vertretern der »Spanischen Inquisition« (»Nobody expects the Spanish Inquisition!«) oder in den ebenso eklektizistischen wie spottreichen Trickfilmsequenzen Terry Gilliams: Hier wurde die magische vierte Wand herausgerissen und zusammen mit dem höllischen Gelächter des Fernsehpublikums zu Kleinholz zermalmt.
Vor allem staatliche Autoritäten wurden wie im legendären »Ministry of Silly Walks«-Sketch keine Sekunde geschont! Doch auch frustrierte Hausfrauen, arrogante Ärzte oder einfältige Monteure wurden durch die kongenialen fünf (John Cleese, Michael Palin, Terry Jones, Graham Chapman, Eric Idle, Terry Gilliam) schwarzhumorig-boshaft durch den Kakao gezogen. Das Gros dieser einzigartigen, absolut zeitlosen Comedy-Miniaturen ist inzwischen längst in der britischen Alltagskultur angekommen. Wer kennt ihn nicht, den »Lumberjack«-Song, den Antisuperhelden »Bicycle Repair Man« oder den »Dead Parrot«-Sketch? Zusammen mit den ominösen »It’s«-Man-Kurzauftritten Michael Palins, den nackten Hinterteilen Terry Gilliams und Terry Jones’ sowie dem anzüglichen »Dirty Hungarian Phrasebook« aus der Feder von John Cleese sorgt die nun erstmals in HD restaurierte und mit deutschen Untertiteln versehene Komplettbox von Capelight Pictures für coronakonforme Lachattacken auf der heimischen Insellandschaft. Einziger Wermutstropfen: Die beiden deutschen und von Alfred Biolek protegierten Spezialepisoden von 1971/72 fehlen in dieser ansonsten fantastischen Prachtedition mitsamt überbordendem Bonusmaterial. Letztere sind aber bei Pidax erhältlich und sollten ebenfalls in keinem Heimkinohaushalt fehlen. Denn wer weiß, wie lange der ganz reale Corona-Wahnsinn noch andauert? Dagegen hilft dieses Comedy-Weltkulturerbe voller Spleens und Galgenhumor auf formidable Weise. ||
MONTY PYTHON’S FLYING CIRCUS
UK 1969–1974 | 4 Staffeln mit 45 Episoden
Länge: jeweils 30 Min | als Komplettbox: 11-Disc-DVD- oder 7-Dics-Blu-Ray-Edition | zum ersten Mal in einer komplett in HD restaurierten Fassung mit deutscher Synchronisation | umfangreiches Bonusmaterial
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