In Feld, Wald und Fluß, im Zoo und im Künstleratelier standen die Viecher den Malern Modell. Die Gemäldegalerie Dachau versammelt in »TierBilder« edle Pferden, brave Eseln und zottige Ziegen.

»TierBilder« in der Gemäldegalerie Dachau

Otto Dill: »Tiger im Berliner Zoo« | 1910 | Öl auf Lwd., 90 × 100 cm | Privatbesitz | © Zweckverband Dachauer Galerien und Museen

Mit dem Schubkarren fährt der Freilichtmaler seine Kuh – die er unter Bäumen gemalt hat – nach Dachau, natürlich nicht das Rind selbst, sondern sein Bild. Die Kuh steht wohl noch draußen auf der Weide oder wieder beim Bauern im Stall, woher sie als Modell in die Natur abgeordnet wurde. Auf einem anderen Foto sieht man fünf Damen mit Hut, wie sie ein prächtiges Tier ins Bild setzen, welches von Dorfmädchen ruhiggehalten wird. Und Max Feldbauer nimmt es genau: Regungslos stehen das Pferd und sein uniformierter Reiter in Pose, während am Flussufer der Maler sich von seiner Leinwand ab- und dem als Zweitmodell für anatomische Proportionen mitgebrachten Pferdefigürchen zuwendet. In einer Reithalle halten Uniformierte die Pferde am und im Zaum, während ein Kollege sie auf dem schweren Lithostein zeichnerisch verewigt, dabei hat Feldbauer sein Pferdegemälde auf der Staffelei stehen lassen und selbst die Kamera bedient. Heinrich von Zügel wiederum hat im lichten Laubwald ein Rindergespann für sich und seine Schüler arrangiert oder man sieht ihn souverän den Pinsel schwingen: Alles echt! Der Mann beherrscht sein Metier, sagen solche Fotos. Oder sie zeigen, wie ein Stier am Waldrand in die richtige Position geschubst wird.

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Max Feldbauer mit Modell eines uniformierten Reiters an der Amper | Fotografie, um 1910 | Nachlass Karl Huber | © Zweckverband Dachauer Galerien und Museen

Am Eingang zum Ausstellungsraum im oberen Stock der Gemäldegalerie Dachau stimmen wie stets historische Fotografien auf das Thema ein. Tiere als Modelle könnte es also lauten, und es lohnt diesen inszenatorischen Aufwand im Gedächtnis zu behalten, wenn man die »TierBilder«, so der Titel, betrachtet. 70 Tiermotive – Gemälde, Graphik und Skulpturen – hat Direktorin Elisabeth Boser zusammengestellt. Gut verkäufliche agrarische Idyllen und exotische Szenerien. Ein geschlachteter Ochse von Lovis Corinth. Und Fritz Wichgrafs neugierige Ziegen, die sich in einer Malpause mit den Künstlerutensilien beschäftigen. Edle Pferde (die Porträts waren für die Besitzer bestimmt) und imposante Arbeitstiere, typisch für das bäuerliche Leben, nette Esel sowie putzige Katzen sind natürlich auch dabei. Und viele, vielleicht zu viele Kühe. Es sind oft die stilleren, unprätentiösen Bilder, die bezaubern: die »Bäuerin mit Kuh« von Hugo König oder Carl Friedrich Steinheils symbolistisch angehauchte »Heimkehrende Schafherde«.

Fritz Wichgraf: »Ziegen im Atelier« | um 1890 | Öl auf Lwd., 22×25 cm Privatbesitz © Zweckverband Dachauer Galerien und Museen

Gleich rechts vom Eingang sind brave Schafe zu sehen, eines der Bilder ist ein früher Zügel aus den 1870er Jahren in München. Der Tiermaler Heinrich von Zügel muss sich damals speziell mit Schafen ausgekannt haben, denn für seine große »Schafswäsche« erhielt er 1873 bei der Weltausstellung in Wien die große Goldmedaille und verkaufte es für 6000 Gulden. Das Gründungsmitglied der Münchener Sezession ließ 1895 als Professor für Tiermalerei im Garten der Kunstakademie ein Tier-Atelier einrichten, wo unter freiem Himmel das Spiel des Lichts auf den Leibern studiert werden konnte. Daneben betrieb er im Fischerdorf Wörth bei Karlsruhe die bekannteste und größte private Schule für Tiermalerei. Entsprechend viele Zügel-Schüler sind in der Dachauer Ausstellung vertreten: Max Bergmann mit einer auf den ersten Blick unscheinbaren Impression von »Hahn und Huhn«, mit einem Schlagschatten quer übers Gefieder; Rudolf Schramm-Zittau mit seinen schön unspektakulären Hühnerbildern mit farbig funkelndem Licht; Julius Paul Junghanns, der höchst lebendig Ziegen schildert; Paul Ehrenberg, dessen großer Bernhardinerhund das Kinderspielzeug bewacht; Hugo Hatzler mit seinem anatomisch nicht perfekten Schimmel im Stall; Josef Kerschsteiner mit seinem Elefanten; Arnold Moeller mit seinem lichtgefleckten Schaf, Eugen Osswald mit seinen Pferdemotiven von der Rennbahn Riem und einem Reiter in der Wüste; Wilhelm Neuhäuser mit seiner »Meerkatze Mohrle«, einer Majolikafigur. Sohn Willy Zügel schuf für die Porzellanmanufaktur Rosenthal einen stilisierten Bussard und eine frappierende Ente. Friedrich Eckenfelder, erst Privatschüler, blieb Zügel lebenslang verbunden.

Seine »Schweine in der Suhle« bilden linkerhand den prägnanten Einstieg in den Ausstellungsparcours. Meisterschüler bei Zügel an der Münchner Akademie war auch Otto Dill. Seine erste Begegnung mit großen Raubkatzen machte er als Kind bei einem Wanderzirkus, wo er unter der Absperrung durchschlüpfte, seine Hand durchs Gitter streckte und auf die Tatze des Löwen legte … Ganz nah auch an die mächtigen Tiere rückt der Bildausschnitt bei Dills LöwenGemälden. Und in den Käfig versetzt Dill den Betrachter bei seinem »Tiger im Berliner Zoo« (1910), an dem vorbei man – wie das freizeitlich gekleidete Paar im Bild – zum Ausgang schreitet, hinunter in die Dauerausstellung zur Kunst in Dachau. Wo gleich auffällt, dass Tiermotive als mythologische Themen oder auch zur Erheiterung und Zierde die Skulpturen des Lokalmatadors und Jugendstilkünstlers Ignatius Taschner prägen. Und man weiteren schönen Tierbildern der oben prä- sentierten Künstler begegnet: Johann Friedrich Voltz, Otto Strützel – und natürlich Zügel. ||

TIERBILDER
Gemäldegalerie Dachau | Konrad-Adenauer-Str. 3., 85221 Dachau | bis 27. September | Di–Fr 11–17 Uhr, Sa/So/Fei 13–17 Uhr | Der Katalog (72 S., 90 Abb.) kostet 17 Euro

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