Mit »Queen & Slim« setzen Lena Waithe und Melina Matsoukas ein Statement im New Black Cinema.

Freiheitsmärchen: Jodie Turner-Smith als Queen in in Melina Matsoukas Regiedebüt| © Universal Pictures

Sie glaubt ans Glück, er ans Schicksal. Da ist nicht viel zu machen. Eher unterkühlt verläuft dann auch das erste Date zwischen der Anwältin Queen und dem Lebemann Slim. Als die beiden auf dem Heimweg in eine Polizeikontrolle geraten, die schnell eskaliert und sie zur Flucht treibt, sind sie gezwungen, gemeinsam zu handeln – um des Überlebens willen.

»Queen & Slim« beginnt wie eines jener Roadmovie-Märchen, wie »Thelma und Louise« oder »Bonnie und Clyde«. Halb im Ernst, halb im Scherz vergleicht Queens Onkel Earl sie mit den Gangster-Popikonen. Denn innerhalb von Stunden sind sie Projektionsfläche einer Community geworden, die in eine ausweglose Parallelwelt gedrängt wird. In diesem weißen Amerika werden Queen und Slim aus Notwehr zu gejagten Gesetzesbrechern, zu »Copkillern«. Sie müssen das Land verlassen, um nicht auch noch im Gefängnis als Staatseigentum zu enden.

Auf dem Weg in Richtung Kuba zeigen ihnen Fremde die Black-Panther-Faust. Für einen kurzen Moment sind sie Hoffnungsträger und Freiheitskämpfer des schwarzen Amerika. Ein Märchen ist »Queen & Slim« trotz all des lebensnahen Dramas, wenn auch ein düsteres. Denn hier zählt nicht das Gesetz, sondern die Selbstbestimmung, das Empowerment der afroamerikanischen Community. Dass dieses Szenario noch eine Traumlandschaft ist, spricht für sich.

Das Regiedebüt von Melina Matsoukas ist ein Paukenschlag und führt ihre bisherige Arbeit fort: Als Haus- und Hofregisseurin von Beyoncé, Solange und Rihanna hat sie sich in den letzten zehn Jahren einen Namen gemacht. Besonders das Musikvideo zu Beyoncés »Formation« war ein ästhetisches wie politisches Bekenntnis zur afroamerikanischen Herkunft und Kultur, in dem sie Motive der Sklaverei, christlicher Spiritualität sowie der aus der Karibik in die Südstaaten gebrachten Voodoo-Praktiken und Tanzstile aufgreift. Dieser Bilderrausch hallt in »Queen & Slim« nach – bei einem Tanz in einer Bluesbar genauso wie im Möchtegern-Zuhälterhaushalt des Onkels, in dem die Frauen das Sagen haben. Eine von ihnen spielt Indya Moore, der Lead aus der Serie »Pose« über die New Yorker Ballroom-Szene. Der ganze Film ist verwoben in das New Black Cinema der letzten Jahre. Daniel Kaluuya spielt Slim, er brillierte zuvor in Jordan Peeles Rassismushorrorfilm »Get Out«. Lena Waithe schrieb das Drehbuch, sie ist treibende Kraft hinter Serien-Statements wie »Dear White People« und »The Chi«, zudem war sie an einigen Drehbüchern von »Master of None« beteiligt.

»Queen & Slim« ist ein wichtiger Resonanzraum für die Repräsentation der afroamerikanischen Kultur. Der Film ist keinesfalls unfehlbar, einige schwarze Kritiker haben dem Drehbuch »trauma porn« vorgeworfen, das Ausschlachten von kollektiver Unterdrückung. Doch betrachtet man den Film in seiner ästhetischen Überhöhung der eigenen kulturellen Herkunft, ist er ein großer Schritt in die richtige Richtung. Und, das darf man bei allem Fortschritt nicht vergessen, Minderheiten sind in Hollywood weiterhin unterrepräsentiert. Schafft es ein Film, mit den weißen Produktionen zu konkurrieren, schauen beide Seiten besonders genau hin – sowohl die Geldgeber als auch die Community. Es ist zu hoffen, dass sich das in Zukunft mit steigenden Produktionszahlen weiter entspannen wird. ||

QUEEN & SLIM
USA, Kanada 2019 | Drehbuch: Lena Waithe und James Frey
Regie: Melina Matsoukas | Mit: Daniel Kaluuya, Jodie Turner-Smith, Bokeem Woodbyne, Chloë Sevigny | 132 Minuten
Kinostart: 9. Januar
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