Im Januar widmet das Münchner Filmmuseum dem finnischen Ausnahmeregisseur Aki Kaurismäki eine ausführliche Werkschau. Zu sehen sind unter anderem alle Teile seiner legendären Verlierer-Trilogie.
Er ist ein Meister des Minimalismus, seine Filme widmen sich den Außenseitern, den Pechvögeln unserer Gesellschaft. Er inszeniert schlicht und einfach, ohne jemals banal zu sein. Seine Protagonisten verzichten auf ein ausgeprägtes Mienenspiel, agieren oftmals so reglos wie die Kamera, die sie bei ihren betulich langsamen Handlungen beobachtet. Und trotz der tiefen Traurigkeit, die seine Charaktere stets umgibt, hat er doch stets einen liebevollen, fast zärtlichen Blick für sie übrig. Und dank des ihm eigenen lakonischen Humors, den er immer wieder einstreut, nimmt er ihnen auch die Schwere, das Depressive, das sie dank ihrer ausweglosen Situation (chronischer Geldmangel, Jobverlust, Kommunikationsunfähigkeit) stets aushalten müssen.
Die Rede ist von Aki Kaurismäki, der einmal treffend von Rainer Gansera in »epd« Film als »Chef-Melancholiker des europäischen Autorenkinos« bezeichnet wurde. Tatsächlich kennt der finnische Regisseur, der am 4. April 1957 in Orimattila das Licht der Welt erblickte, das triste Dasein der Arbeiterklasse, der kleinen Leute selbst sehr gut, hielt er sich doch in jungen Jahren als Tellerwäscher, Postbote und Kellner über Wasser.
Ganz ähnlich wie sein Alter Ego Matti Pellonpää in dem frühen Meisterwerk »Schatten im Paradies« aus dem Jahr 1986. Darin spielt Pellonpää in seiner unnachahmlich ruhigen, unaufgeregten und vor allem wortkargen Art einen Müllfahrer, der sich in eine Supermarktkassiererin verliebt. Dieser Film ist nun neben zahlreichen weiteren Werken aus Kaurismäkis Œuvre im Januar im Münchner Filmmuseum zu sehen. Den Anfang machen nach der Weihnachtspause »Der Lügner« (1981), ein Film, den sein Bruder Mika inszenierte und bei dem Aki Kaurismäki neben der Hauptrolle auch das Drehbuch beisteuerte, sowie »Schuld und Sühne«, die etwas andere Adaption von Dostojewskis gleichnamigem Roman-Klassiker. Es folgt »Calamari Union« (1985), in dem es um 17 Männer geht, die allesamt Frank heißen und die eines Tages beschließen, aus ihrem heruntergekommenen Stadtviertel zu fliehen. Kaurismäkis Intention war es damals, einen Film zu machen, der niemandem gefällt. Das genaue Gegenteil war der Fall. »Calamari Union« ist heute Kult.
Der Finne, der während seines Studiums der Literatur und der Kommunikationswissenschaften ein Filmmagazin herausbrachte und zwischen 1979 und 1984 auch als Filmkritiker arbeitete, war als Regisseur immer für die eine oder andere unorthodoxe Überraschung gut. So weigerte er sich 2006, »Lichter der Vorstadt« als finnischen Beitrag in den Wettbewerb um den Oscar in der Kategorie bester nicht englischsprachiger Film zu schicken, weil er mit der Vorgehensweise der US-amerikanischen Regierung im Irakkrieg nicht einverstanden war. Im Filmmuseum im Januar außerdem zu sehen sind »Ariel« (1988), der zweite Teil seiner legendären Verlierer-Trilogie (ebenfalls mit dem leider viel zu früh verstorbenen Matti Pellonpää), »Leningrad Cowboys Go America« (1989), in dem er auf skurril-absurde Weise die »schlechteste Rockband der Welt« porträtiert, und »Das Mädchen aus der Streichholzfabrik« (1990), in dem einmal mehr Kati Outinen als bemitleidenswerte Fabrikarbeiterin, die zur Rächerin mutiert, brilliert. Leider macht der inzwischen 62-jährige Aki Kaurismäki, der sich schon vor vielen Jahren mit seiner Frau nach Portugal zurückgezogen hat, kaum noch Filme. Tut er es dennoch, entstehen wieder Meisterwerke, wie etwa »Le Havre« (2011) oder zuletzt »Die andere Seite der Hoffnung« (2017). ||
DIE WELT DES AKI KAURISMÄKI
Filmmuseum München| 7. Jan. bis 26. Feb.| St.-Jakobsplatz 1 | Programm
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