Der dreiteilige Abend von Wayne McGregor beim Staatsballett glänzt mit frappanter Musik und überragenden Bühnenbildern – und gibt einen neuen Blick auf die Kompanie.

Ksenia Ryzhkova und Jonah Cook in »Sunyata«, der Kreation von Wayne McGregor| © Wilfried Hoesl

Der Brite Wayne McGregor ist einer der gefragtesten Tanzschöpfer weltweit. Der Resident Choreographer beim Londoner Royal Ballet kreierte nicht nur für hochklassige Kompanien, sondern auch für »Harry Potter und der Feuerkelch« und »Tarzan«, für Modenschauen und Musikvideos. Nun hat auch München seinen Wayne McGregor; gleich drei Stücke studierte der 1970 in Stockport geborene Choreograf mit dem Bayerischen Staatsballett ein, darunter die Uraufführung »Sunyata« für acht Tänzerinnen und Tänzer: eine auf Verse des persischen Mystikers und Dichters Rumi verweisende Meditation zu den suchenden, tastenden und dann wieder kraftvoll auftrumpfenden Klängen der finnischen Komponistin Kaija Saariaho, die auch die in Farsi gesprochenen Texte in ihr zwischen Orchester und elektronischer Musik oszillierendes Stück verwebt. Dazu haben McGregor und Catherine Smith eine traumschöne Bühne geschaffen. An einen Teppich erinnert der Hintergrund aus feinster persischer Miniaturmalerei, in den ein knallroter Kreis eingelassen ist, der seine Farbe wechselt, einen weißen Ring bekommt und im Verlauf des Stücks langsam nach oben gerafft wird.

Der Kreis bildet den Bezugspunkt für Yonah Acosta, Ivy Amista, Jonah Cook, Elvina Ibraimova, Erik Murzagaliyev, Ksenia Ryzhkova, Dukin Seo und Laurretta Summerscales. Eine Tänzerin geht zu Beginn auf ihn zu, zum Schluss senkt sich der Vorhang über einem Paar. McGregor choreografiert Kippfiguren, bei denen der Oberkörper weit nach vorne strebt, während die Arme stark nach hinten gezogen sind. Fast wie Exerzitien gehen die Tänzer ihre Positionen an. Kraftvoll, aber nicht sehr flüssig. Sie ziehen die Schultern hoch, runden den Rücken, kicken ihre Beine aus der Körpermitte. Abrupt haken und hebeln sie ihre Glieder in die der Partner. Der Griff unter die Achsel hält den Partner auf Abstand oder zieht ihn eng. Zwischen Paaraktionen schiebt sich ein Zitat aus Cunninghams »Biped«, wenn die kleine Gruppe einen Tänzer mit abgewinkeltem Bein in die Höhe hebt.

»Sunyata« wirkt (noch) etwas angestrengt. Flüssiger, komplexer und reicher an choreografischen Einfällen erscheinen die beiden anderen Stücke. »Kairos« kreierte McGregor 2014 für das Ballett Zürich, »Borderlands« – mit dem schwebenden Quadrat eine Hommage an den Bauhaus-Künstler Josef Albers – entstand 2013 beim San Francisco Ballet. Und vor allem das älteste Stück vermittelt in seiner beinahe monochromen Schärfe und zu der elektronisch vorwärtspeitschenden Musik von Joel Cadbury und Paul Stoney eine Ahnung davon, was McGregor an vielschichtigen Mustern, Körperfigurationen, Raumnutzungen entwirft. »Kairos«, zu Max Richters Überarbeitung der »Vier Jahreszeiten«, besticht durch das Bühnenbild von Idris Khan, das die Tänzer in kurzen Hosen und Trikots wie bewegte kleine Notenbäuche und -hälse in zwei bühnenhohe Notenblätter spannt. Die Stimmungen wechseln, wie das Licht. Ballerinen auf Spitze hämmern in den Boden, knallen ihre Arme an eine geschwungenen Wand, die an Forsythe erinnert, bevor sich das Bild wieder atomisiert, in Duetten konzentriert oder in eine Reihe lotsenartig gestikulierender auffächert. Ein heftig beklatschter Abend, der zwischen Kühle und Coolness changiert. ||

PORTRAIT WAYNE MCGREGOR
Nationaltheater|11. / 18. Mai, 12. /23. Juni, 10. Juli | 19.30 Uhr

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