Das Filmfest München wird vierzig! Zu diesem Anlass und zur Reihe Neuer Deutscher Film sprachen wir mit dem künstlerischen Leiter Christoph Gröner.

Filmfest München 2023

»Ein deutscher Film kann sehr viel mehr sein als noch vor ein paar Jahren«

filmfest münchen

© Ronny Heine, FILMFEST MÜNCHEN

Christoph Gröner studierte in München, Venedig und Salamanca und ist seit 2004 als Kultur- und Medienjournalist tätig. Ab 2008 arbeitete er als internationaler Programmer beim Filmfest München, 2012 übernahm er die Verantwortung für die Sektion Neues Deutsches Kino. Seit 2017 ist er für strategische Themen und Stars zuständig, 2019 wurde er zum künstlerischen Leiter ernannt. Ab Oktober tritt er zudem die Nachfolge von Diana Iljine als Festivalleiter an. Neben seiner Arbeit beim Filmfest München ist er Programmer beim Black Nights Festival in Tallin. Daneben führt er Filme auf dem Kultursender ARTE ein.

Moritz Holfelder: Die Branche wirkt aktuell verunsichert: Ausgehend von den Vorwürfen gegen Til Schweiger wird über ein toxisches Klima bei Dreharbeiten diskutiert. Die Etats schrumpfen. Ein Regisseur wie Christian Petzold, der mit »Roter Himmel« bei der Berlinale einen Bären gewann, wird beim Deutschen Filmpreis noch nicht mal nominiert. Wenn Sie jetzt mit jungen Regisseurinnen und Regisseuren in Kontakt treten, um sie für die Reihe Neues Deutsches Kino einzuladen – spielt all das eine Rolle?
Christoph Gröner: Ja, die genannten Beispiele zeigen, dass sich die deutsche Branche in einer unglaublichen Umbruchphase befindet. Anfang Mai sind junge Filmschaffende mit dem Appell »Angst essen Kino auf« an die Öffentlichkeit gegangen. Sie fordern mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Mut bei allen Entscheidern für ungewöhnliche und neue Stoffe.

Den Appell haben dann innerhalb von zwei Wochen rund 1.000 Filmschaffende aus allen Gewerken unterzeichnet, darunter auch bekannte Regisseurinnen und Regisseure wie Caroline Link, Margarethe von Trotta und Dominik Graf, außerdem Schauspielerinnen wie Katja Riemann und Jasmin Tabatabai.
Genau. Der Appell ist aber mehr als nur eine Beschwerde, er hat einen positiven Charakter im Sinne von: Lasst uns mal machen! Fragen von Nachhaltigkeit, von Diversität, von toxischem Verhalten oder nicht beschäftigen im Moment viele Filmschaffende am Set und auch danach. Wir als Festival sind da allenfalls am Rande involviert. Wir sehen ja meistens nur die fertigen Filme und können für unsere Auswahl diese bewerten. Aber klar – auch unsere Wahrnehmung verändert sich. Wir wollen ein bisschen mehr vom Prozess der Entstehung hören und fragen auch mal: Wie waren die Arbeitsbedingungen, wie geht es Dir und wie geht es weiter?

Das komplette Interview, Christiane Pfaus Rückblick auf vierzig Jahre Filmfest und Rochus Wolffs Vorbericht zum Kinderfilmfest finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

FILMFEST MÜNCHEN
23. Juni bis 1. Juli | Programm und Tickets

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