Über 100 Jahre arbeiteten Landschafts- und Genremaler in der Künstlerkolonie Kronberg im Taunus, das zeigt eine Ausstellung in der Dachauer Gemäldegalerie.

Künstlerkolonie Kronberg. »Natur und Idylle«

Ausflüge mit Staffelei, Feldstuhll und Malkasten

künstlerkolonie kronberg

Anton Burger (1824–1905): »Rückkehr von der Jagd« | um 1865 | Öl auf Leinwand, 42 x 43 cm © Stiftung Kronberger Malkolonie

Stimmungsvolle Natur und günstige Preise, ein einfaches Leben abseits der Deformationen der Zivilisation, das waren die Vorteile einer Künstlerkolonie. Zu Malferien oder gleich zur Ansiedlung im Umfeld von Kollegen. Und idealerweise nicht zu weit weg von der Großstadt mit Akademie, Museen, Ausstellungshäusern. Worpswede im Teufelsmoor nahe Bremen oder Dachau im Moos etwa sind bedeutende deutsche Künstlerkolonien. Zu den frühesten zählt das schon in den 1850er Jahren von Malern besuchte und besiedelte Taunusstädtchen Kronberg. Dann entdeckten auch reiche Kaufleute, Industrielle und Bankiers aus Frankfurt die Idylle und bauten dort ihre Sommerhäuser und Villen, denn ab 1874 gab es Eisenbahnanschluss.

In Kronberg und im Dorf Mammolshain am klimatisch begünstigten Südhang gedeiht der Kestebaum, die Edelkastanie, ein besonderes Sujet für manche Maler. Die Früchte haben auch Goethe und seine Mutter gerne verzehrt. Bis zur Eisenbahnzeit sollen dort 8000 Bäume gestanden haben. Ein Wahrzeichen Kronbergs ist die mittelalterliche Burganlage über der Altstadt; und die ehemalige Kaiserin Victoria ließ sich um 1890 als Witwensitz das Schloss Friedrichshof errichten, die Kronberger ihrerseits gestalteten zwischen Schloss und Bahnhof einen Victoriapark mit Denkmal für Kaiser Friedrich. Da freilich war es längst vorbei mit dem »einfachen« Leben der Bevölkerung und den »romantisch«-pittoresken alten Häusern, die anfangs die Maler angezogen hatten. Nicht nur Landschafter, sondern auch Genremaler, die meist in Frankfurt an der Städelschule studiert hatten (Frauen waren hier schon ab 1817 zugelassen!). Einer der ersten war Anton Burger (1824–1905), der 1858 nach Kronberg zog und zusammen mit Jakob Fürchtegott Dielmann (1809–1885) als Begründer der Künstlerkolonie gilt. Die Ausstellung in der Dachauer Gemäldegalerie zeigt von Dielmann »Drei Mädchen in der Kapelle« (1840), von Burger das frühe »Kronberger Tor« (1847), eine »Rückkehr von der Jagd« (1867) am Taunushang, elegante Damen beim Spaziergang oder Picknick in der Natur aus den 1870er Jahren und aus den 1880ern einen altertümlich-malerischen »Blick in ein Bauerngehöft« und einen Zeitung lesenden jüdischen Metzger in einem Durchgang der Schirn in Frankfurt.

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Emil Rumpf (1860–1948): »Schneesturm in Kronberg« | 1892 | Öl auf Malpappe, 75 x 113 cm © Stiftung Kronberger Malkolonie

Damit ist in etwa das Spektrum der Genrethemen markiert, es finden sich in der Ausstellung noch die Motive Mutter mit Kind, schlafende Näherin, Weinlese und Heuernte sowie die in Dachau immer gern präsentierten Tierdarstellungen, von Hund über Ziegen und Kuh bis Pferd. Und Gemälde von drei Frauen: ein Obststillleben von der Burger-Schülerin Mathilde Knoop-Spielhagen (1863-1904), ein Blumenstrauß von Sofie Abbée (1888–1977), einer Schülerin von Fritz Wucherer (1873–1948), einem der letzten Vertreter der Kolonie, und ein Wucherer-Porträt von Josefine Schalk (1850–1919), die auch im Hause Wucherer lebte. Otto Scholderer (1834–1902), gut bekannt mit Courbet, Manet, Thoma und Leibl, malte sich selbst als »Wildprethänder« (1890). Einen Paukenschlag setzt Norbert Schrödls (1842–1912) tumultuöser »Brand in Kronberg« von 1888. Der vielgereiste Künstler gab im selben Jahr Kaiserin Victoria Malunterricht und wurde später preußischer Professor, obgleich er weiterhin in Kronberg lebte. Nicht fehlen darf Heinrich Winter (1843–1911) mit einem »Pferd im Stall«, der in den 1860er Jahren, wie viele, im Gasthof Zum Adler wohnte und 1874 die Villa Winter bezog. Dort residiert heute die Stiftung Kronberger Malerkolonie, deren Leiterin Ingrid Ehrhardt zusammen mit der Dachauer Museumsdirektorin Elisabeth Boser Ausstellung und Katalog erarbeitet hat.

Zurück zu den Anfängen und zur Landschaftsmalerei: »Wir fuhren alle zusammen im Stellwagen hinaus, denn damals gab es noch keine Bahnverbindung mit Frankfurt«, erinnert sich Schrödl an die frühe Zeit in Kronberg. »Wir machten mit Feldstuhl, Staffelei und Malkasten weite Ausflüge in die schönen Taunuswälder und blieben ganze Tage draußen.« Den Proviant hatte die Mutter in den Rucksack gepackt. Die frische Malweise der französischen Schule von Barbizon brachte Karl Peter Burnitz (1824–1886) nach Kronberg. Auch Adolf Hoeffler (1825–1898) zählt zu den Ersten dort und bezaubert mit einem duftigen Blick über Frankfurt zum Taunus hinüber. Mit schönen Veduten von Nidda, Frankfurt und einem weiten Blick über Kronberg ist Friedrich Ernst Morgenstern (1853–1919) vertreten. Und auch die kunsthistorisch prominenten späteren Karlsruher Hans Thoma (1839–1924) und Wilhelm Trübner (1851–1917) waren Kronberger Künstler. ||

NATUR UND IDYLLE. DIE KÜNSTLERKOLONIE KRONBERG
Gemäldegalerie Dachau | Konrad-AdenauerStr. 3, 85221 Dachau | bis 13. März | Di–Fr 11–17 Uhr, Sa/So/Feiertag 13–17 Uhr, 2G-plus | Führungen: 16./20. Januar, 6. Feb., jew. 14 Uhr; Kuratorenführung: 10. Feb., 19 Uhr (Anmeldung: 08131 5675-13 oder verwaltung@dachauer-galerien-museen.de
Der Katalog (64 S., 70 Abb.) kostet 17 Euro

Weitere Ausstellungsbesprechungen finden Sie in der kompletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

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