… aus vergangenen Tagen: Das in der Klosteranlage von Oberschönenfeld beheimateteVolks kundemuseum des Bezirks Schwaben hat den Bayerischen Museumspreis 2019 erhalten.
Nein, das Konventsgebäude von Kloster Oberschönenfeld, in dem derzeit noch 17 (von einst über 70) Zisterzienserinnen wohnen und wirken, können Sie nicht betreten oder besichtigen. Auf einen faszinierenden Einblick ins kontemplative Dasein der Nonnen in der 800 Jahre alten Abtei im Naturpark »Augsburg Westliche Wälder« muss man aber nicht völlig verzichten. Den bietet das Volkskundemuseum, das vom Bezirk Schwaben auf dem weitläufig-idyllischen klösterlichen Gelände in einem der zahlreichen umgenutzten Nebengebäude betrieben wird und nun dank seiner überzeugenden didaktischen Präsentation den (mit 20 000 Euro dotierten) Bayerischen Museumspreis 2019 erhalten hat. Es zeichnet in einem umfangreichen Kapitel das Leben, Wohnen, Arbeiten, Beten der Nonnen an jenem Ort anschaulich nach, der den Besucher mit seinen drei unterschiedlichen Höfen, mit einer auffällig gut in Schuss gehaltenen barocken Klosterkirche und zahlreichen einladend barockgelb gestrichenen Gebäuden ge radezu umgarnt und zu einer sommerlichen Landpartie einlädt.
Der museale Auftakt: Die mit zahllosen Zahnrädern und mechanischen Konstruktionen verblüffende alte Turmuhr. Sie regulierte von 1721 bis 1961 sowohl das sakrale klösterliche als auch das profane Leben der näheren Gegend. Einen praktischen Überblick über die riesige Anlage bietet außerdem ein anschauliches Modell. Eine Drehscheibe macht den Tagesablauf der Nonnen nachvollziehbar. Dann darf man sogar hinein, durch eine Pforte in das stilisierte Kloster: in ein typisches Zimmer – die Zelle einer Nonne –, in einen Kapitelsaal, eine mit zahlreichen kostbaren sakralen Leihgaben der Äbtissin gefüllte Schatzkammer und diverse Arbeitsbereiche. Ein Großbildschirm zeigt sogar den sonst verborgenen Alltag der klösterlichen Gemeinschaft in aktuellen Fotografien. Über die luftig inszenierte informative Dauerausstellung auf zwei Geschossen sagt Direktorin Beate Spiegel: »Wir erzählen Geschichten aus Schwaben anhand ausgesuchter exemplarischer Objekte und Themen.« Umgesetzt wurde das ambitionierte Konzept, das mit Biografien und Zitaten, mit Hör- und Mitmachstationen den Wandel des Alltagslebens im ländlichen bayerischen Schwaben in den letzten 200 Jahren lebendig veranschaulicht, vom Augsburger Büro Thöner von Wolffersdorff. Man erfährt von teils breite Mundart sprechenden Personen und ihrem Umgang mit den Dingen, wie sich alles veränderte: Küche, Bad, Stube, Speisekammer, Stall, Hof.
Nichts ist mehr wie vor 100 Jahren: Vorratshaltung, Küchengeräte oder Waschküche. 1957 besaßen 42 Prozent aller bayerischen
Haushalte noch keine integrierte Toilette. Schon kurze Zeit später lieferten sich Waschbrett und Miele mit Hilfe von Fewa einen ungleichen Kampf um die Gunst der Waschfrauen. Aus all dem wird eine frische ansprechende Inszenierung: Neuerungen der
Nachkriegszeit – Waschmaschine, Schleuder, Staubsauger, Elektroherd, Badewanne, Wasserklosett – präsentieren sich, gut zu unterscheiden von den traditionellen Exponaten, auf orangefarbigen Podesten und Tafeln. Auf Vitrinen wird oft verzichtet. Und die optische Macht der historischen Gemäuer und Konstruktionen wird von der Ausstellungsgestaltung raffiniert eingedämmt: zugunsten der Inhalte. Was richtig gut tut. ||
MUSEUM OBERSCHÖNENFELD
Oberschönenfeld 4 | 86459 Gessertshausen
Di bis So/Fei 10–17 Uhr| Texte der Ausstellung und Gespräche der Hörstationen können in Heften nachgelesen werden | Sonderausstellung in der Schwäbischen Galerie:»›Nur der Umhüllung nach Soldat‹ – schwäbische Künstler im Zweiten Weltkrieg«, bis 15. Sept.
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