… kämpft Don Quijote im Innenhof der Glyptothek. Und Sancho Panza reitet ein Weinfass. So viel Verrücktheit macht großen Spaß.
Bislang beherrschten alte Griechen oder Römer das Freilichttheater in der Glyptothek. Jetzt hat ein verrückter Spanier den zauberhaften Innenhof erobert. Aber da »Don Quijote« von der Mancha der größte Ritter aller Zeiten sein will, passt er da gut hin. Vor allem passt er gut zum Schauspieler Gunnar Petersen, der mit seiner Frau Beles Adam vor 28 Jahren diesen Theatersommer in klassischem Ambiente erfand und jährlich bespielt. Jetzt, mit fast 80, kann Petersen in dieser Figur das augenrollende Pathos und den hohen Ton der Antike wunderbar umsetzen in ironische Komik, und Beles Adam als Knappe Sancho Panza konterkariert Quijotes Größenwahn hinreißend trocken.
Im späten Mittelalter waren Ritterromane so sehr im Schwange, dass der Schriftsteller Miguel de Cervantes diese Manie 1605 in seinem »Don Quijote« geißelte und parodierte (1615 erschien Teil zwei). Sein Anti-Held ist der kleine, alte Landedelmann Don Quijote, dem die Lektüre so den Kopf verdreht hat, dass er seinen Vorbildern nacheifern will. Sein Kampf gegen Windmühlen ist sprichwörtlich. Heute führt Cervantes’ Roman den Kanon der 100 wichtigsten Bücher der Weltliteratur an. Aber wie kriegt man über 1000 Druckseiten in 100 Minuten auf die Bühne?
Sven Schöcker hat in einer geschickten Textfassung die wichtigsten Episoden gebündelt, Georg Büttel inszenierte sie mit viel Spielwitz: Ein schiefes Bücherregal wird umgedreht zum stählernen Schaukelpferd Rosinante, Sancho Panza schaukelt auf einem Weinfass als Esel, auf der Bodenplane zerfließt eine Dalì-Uhr (Bühne: Jörg Besser). Doch zunächst muss der Ritter von der traurigen Gestalt mit seiner Köchin kämpfen (Catalina Navarro Kirner keift köstlich): Sie hält ihn für durchgeknallt und will den widerstrebenden Pfarrer (Sven Schöcker) zur Verbrennung der Schundromane überreden.
Alle Nebendarsteller spielen mehrere Rollen: Stefanie Dischinger ist eine liebreizende Nichte, Alexander Wagner Erzähler oder Händler, Mario Linder ein geprügelter Bauer. Selbst der Musiker Boris Ruge, der seitwärts seine Ukulele atmosphärisch sanft bespielt, muss mal als Gefangener im orangen Guantanamo-Overall an die Eisenkette. Quijote, der tumbe Tor, landet im Bordell unter Glitzernutten, kämpft mit der Lanze gegen die Aktenkoffer von Börsenmaklern, und natürlich gegen Windmühlen. Sein Realitätsverlust und seine Umdeutung der Wirklichkeit erinnern an den derzeitigen USPräsidenten. Im Theater macht das immerhin Spaß.Bei allen Versuchen, die Welt zu verbessern, fällt er auf die Schnauze oder bezieht heftig Prügel. Weil er nie auf Sancho Panza hört: Beles Adam spielt den verfressenen Diener herrlich pragmatisch und doch treu ergeben. Am Ende packt sie den halb toten Quijote Petersen am Arm: »Reiten wir wieder?« Die zwei sind längst eins, und die Hoffnung auf eine bessere Welt stirbt zuletzt. ||
DON QUIJOTE
Innenhof der Glyptothek| bis 15. Sept.| Di bis So 20 Uhr
Tickets: 089 3003013 oder 0171 3006259 (auch Wetter-Hotline ab 17 Uhr)
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