In Zeiten von Brexit und anderen antieuropäischen Tendenzen dreht Marcus H. Rosenmüller den Fußballfilm »Trautmann«, der ein flammendes Plädoyer für Versöhnung und Völkerverständigung hält. Wir waren beim Dreh dabei.
Bert Trautmann? Wer zum Teufel ist Bert Trautmann? Selbst eingefleischte Fußballfans müssen erst mal nachdenken, bevor der Groschen endlich fällt. Richtig. Bert Trautmann ist jener deutsche Torhüter, der während des Zweiten Weltkriegs in englische Gefangenschaft geriet, danach auf der Insel blieb und – trotz anfänglicher Anfeindungen der Fans gegenüber dem »Nazi« – bei Manchester City eine ganz große Nummer (eins) wurde. Unsterblichkeit erlangte er schließlich, als er 1956 im Cup Final trotz gebrochenem Halswirbel weiterspielte und so seinem Team durch einige spektakuläre Paraden den Sieg sicherte. Dass ihm die ganz große Popularität hier in Deutschland versagt blieb, lag wohl auch an der Politik des damaligen Bundestrainers Sepp Herberger, keine Legionäre in der Nationalmannschaft einzusetzen.
Jetzt ist es ausgerechnet Marcus H. Rosenmüller, der an einem filmischen Denkmal für die Torwart-Legende bastelt. Denn der Regisseur des Kultfilms »Wer früher stirbt, ist länger tot« und zahlreicher weiterer Werke bajuwarischer Färbung dreht gerade in Nordirland und aktuell in Bayern den Kinofilm »Trautmann«. Sein Produzent Robert Marciniak weiß auch ganz genau, warum »Rosi« für dieses Projekt prädestiniert war: »Er ist nicht nur ein großer Fußballfan, er hat selbst jahrelang in der Kreisliga gekickt.« Aber auch sein wunder bares Bobfahrer-Olympia-Abenteuer »Schwere Jungs« und der in den 1930er Jahren angesiedelte Kinderfilm »Die Perlmutterfarbe« machen Rosenmüller auf den Gebieten Sport und Kostümfilm zur Idealbesetzung.
Allerdings betont Marciniak, der auch am Drehbuch mitarbeitete, dass man keinen reinen Fußballfilm im Sinn habe: »Die große Botschaft ist natürlich die Völkerverständigung, die Versöhnung zwischen zwei ehemals verfeindeten Nationen.« Damit wird »Trautmann« auch unfreiwillig zu einem Gegenentwurf zur derzeitigen politischen Lage um den Ausstieg Großbritanniens aus der EU und anderen antieuropäischen Bewegungen. Zum Cast gehören auch zahlreiche englische Schauspieler, die Rosenmüllers Projekt ausdrücklich begrüßten. So meinte etwa der Schotte Gary Lewis (»Billy Elliot – I Will Dance«) begeistert: »That’s the Right Movie for the Right Time.« Neben weiteren hochkarätigen britischen Darstellern wie John Henshaw als Trautmanns Entdecker und Dave Johns (»Ich, Daniel Blake«) ist David Kross in der Titelrolle zu sehen. Obwohl zwei Drittel des Films in Bayern entstehen, wird (noch bis 11. August) in englischer Sprache gedreht. Das ist natürlich dem Thema geschuldet, erhöht aber auch die Chancen für eine weltweite Vermarktung der elf Millionen Euro schweren Produktion.
Ins Kino kommen wird »Trautmann« frühestens im Herbst 2018. Der echte Trautmann wird ihn dann leider nicht mehr sehen können, er verstarb vor rund vier Jahren in seiner Wahlheimat Spanien an einem Herzinfarkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Film ganz in seinem Sinne geraten wird, ist dennoch sehr groß. Denn Rosenmüller und Marciniak besuchten vor einigen Jahren in Vorbereitung auf dieses Projekt den deutschen TorhüterHelden in Valencia, wo er ihnen in einer Woche die Geschichte seines Lebens anvertraute. ||
Das könnte Sie auch interessieren:
DOK.fest 2022: Ein Blick ins Programm
Die Frau im Nebel: Der neue Film von Park Chan-wook
Irma Vep | MF Online Deluxe
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton