Rimini Protokoll bleiben mit »Top Secret International« in der Glyptothek unter ihrem Niveau.
Haben Sie schon mal davon geträumt, Geheimagent zu werden? Dann können Sie das jetzt ausprobieren. Helgard Kim Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel alias Rimini Protokoll laden zu einem Agententraining in die Glyptothek ein. Da können Sie üben, wie man Leute beschattet, wie man unauffällig geht, wie man unsichtbar verfolgt, wie man geheime Nachrichten übergibt und so weiter. Klappt nur leider nicht so ganz.
Also das mit der Interaktion. Da kann das Smartphone im kleinen Handbuch für Spione, das man am Eingang bekommt, noch so viele Anweisungen geben, kein Mensch nimmt die Pose einer Statue ein oder macht andere Faxen. Niemand will sich zum Deppen machen, auch nicht in einer Performance unter lauter anderen, an ihren Kopfhörern leicht zu erkennenden potenziellen Mitspielern und harmlosen Glyptothekbesuchern, die konzentriert antike Statuen abzeichnen. Das hätte einer so versierten Gruppe wie Rimini Protokoll aber klar sein müssen.
Zweites Manko der im Auftrag der Kammerspiele erstellten Performance ist, dass das Hörspiel längst nicht den Sog erreicht, wie man es von so fulminanten Arbeiten wie »Kanal Kirchner« gewohnt ist. Das liegt nicht an den Experten, die zu Wort kommen. Was Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in der Bundesrepublik, oder Gerhard Schindler, der ehemalige BND-Präsident, und zahlreiche andere über die Arbeit der Geheimdienste erzählen, lässt einen zu der unangenehmen, aber nicht unerwarteten Erkenntnis gelangen, dass die sogenannten Dienste eine unkontrollierbare Instanz im Staat sind, die letztlich machen kann, was sie will. Denn noch nicht einmal der Ausschuss zur Durchleuchtung der Geheimdienste kennt die offiziellen Aufgaben des BND, weil die so geheim sind. Die Dienste entscheiden auch selbstherrlich, welche Informationen sie an Regierung und Bundestag weitergeben.
Von Kontrolle also keine Spur. Das hat Christiane Mudra in ihrer Performance »Off the record« im letzten November auch schon eindrucksvoll dargestellt.Rimini Protokoll haben eine Unmenge an Informationen und auch persönlich gefärbte Statements und Erinnerungen von Geheimdienstmitarbeitern zusammengetragen. Doch leider verschenken sie die an ein oberflächliches Konzept von konspirativer Stimmungserzeugung. Was noch nicht einmal aufgeht. Die Unsicherheit, die die Performance erzeugen soll, das Umschleichen und Beobachten anderer, das alles wird nur behauptet. Zudem stellt die Stimme vom Band Fragen, von denen die meisten gar nicht zu beantworten sind, weil viel zu pauschal und deshalb ziemlich ärgerlich. ||
RIMINI PROTOKOLL – TOP SECRET INTERNATIONAL
(STAAT 1)
Glyptothek | 26. Jan.| 16–22 Uhr | 27. Jan.| 13–19 Uhr
28. Jan.| 15–22 Uhr | 29. Jan.| 12–18 Uhr
Tickets: 089 23396600 | Kammerspiele
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