Das Kabarettduo Faltsch Wagoni präsentiert sein brillantes Programm »Die letzten Ironesen«.
Faltsch Wagoni. Die letzten Ironesen
Im Land des Schwächelns

Thomas und Silvana Prosperi | © Jörg Reuther
Silvana und Thomas Prosperi haben sich vor über 40 Jahren zur Künstler-Lebensgemeinschaft Faltsch Wagoni zusammengefunden und ein in der Kabarettszene einmaliges Genre begründet. Für das es lange kein Label gab: Mal nannten sie es Wort-Musik-Theater, dann Grotext. Jetzt sind sie einfach die Rhythmus-Poeten. Das trifft es: Den Rhythmus bestimmt die temperamentvolle Silvana an den Cajuns und diversen Percussion-Instrumenten sowie mit ihrer starken Stimme, die klugen, wortwitzigen Texte der Songs liefert der unermüdliche Sprachtüftler Thomas, mit musikalischer Unterstützung seiner Gitarre und als zweite Stimme.
Ihre Heimat ist die Ironie, die hat aber in Zeiten von Hass und Hetze gerade keine Konjunktur. Doch »Die letzten Ironesen« geben nicht auf. Corona hatte Faltsch Wagoni in den letzten Jahren ausgebremst, aber weil Thomas einfach immer weiterreimte, entstand ein neues Programm. Premiere war traditionsgemäß kurz vor Silvester in der Pasinger Fabrik. Und endlich können sie wieder in die umgebaute Lach & Schieß zurückkehren, ihre frühere Heimstätte.
»Was kann ich dafür, dass ich Deutsche bin und Italienerin?«, singt Silvana, damit ist das Thema Fremdenfeindlichkeit präsent. Schließlich ist Deutschland schon seit der Steinzeit ein Einwanderungsland. Sie weiß: »Wir leben hier in einer Operette.« Allerdings nicht im Land des Lächelns, sondern des Schwächelns, in dem Lobbyisten die Politik bestimmen. »Regieren ohne Lobby wäre wie Alpen ohne Schneekanonen.« Eine Zeitenwende wäre nötig. Aber wohin sich wenden? An wen? Thomas bekennt, er habe nie gelernt, an Gott zu glauben, sondern hält den Menschen für ein Tier. »Aber ich war schon immer tierlieb.« Sie outen sich als Analog Natives mit einem Abriss der Entwicklung vom ersten Fax bis zur KI: »Und was kommt als Nächstes?«
Sie waren immer gesellschaftskritisch, ohne tagesaktuell zu sein. Deswegen passen auch frühere Songs wie der »Blockchain-Charlie« zeitlos ins neue Programm. Und warum kann man Flugsimulatoren nicht gleich mit einer Urlaubssimulation ausstatten, um Flüge und Verreisen zu sparen? Wie prägt die Alzheimer-Vergesslichkeit die Kommunikation eines Paares? Der Dialog ist genauso spitzfindig komisch wie ihre Kabbeleien: Wenn man den Mann seines Lebens gefunden hat: Seines? Meines? Deines? Ihres? Immerhin ist am Ende klar: Du bist es! Man muss immer gut hinhören bei den manchmal ins Philosophische driftenden Texten, dann bleibt vieles lang hängen. ||
DIE LETZTEN IRONESEN
Lach-und Schießgesellschaft | Ursulastr. 9 | 15. Feb. | 19.56 Uhr | 16. Feb. | 18 Uhr | Tickets
Kurparkschlösschen | Herrsching | 1. März | 20 Uhr | Tickets
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