Die Hochzeitskapelle ist die Zukunft der Musik, meint unser Autor Andreas Ammer und führt den Beweis.
Hochzeitskapelle
Die Unverstellten
HOCHZEITSKAPELLE: THE ORCHESTRA IN THE SKY
Tokyo Recording LP / Kobe Recording Doppel-LP, komplett auf Doppel-CD | Alien Transistor / Morr Music
Die Fakten zuerst: Die Münchner Combo »Hochzeitskapelle« hat im vergangenen Dezember unter dem Titel »The Orchestra In The Sky« gleichzeitig ihre vierte und fünfte LP veröffentlicht. Erstere ist eine Doppel-LP und besteht aus Aufnahmen, die die Band im letzten Jahr auf einer Japanreise mit befreundeten japanischen Musikern in Kobe aufgenommen hat. Die andere Platte stammt aus Tokio. Alle drei LPs sind auch als Doppel-CD erhältlich. Spielzeit: nie langweilige 125 Minuten.
Dann kommt das Lob: Es gibt Momente in der Geschichte der populären Musik, die einstmals den Planeten unter einem Beat versammelt hat, an denen sich die Menschheit fragen muss, was sie sich von all dem Sang und Klang eigentlich noch erwartet. 2023 war bisher das Jahr, in dem eine anachronistische Schallplatte einiger gut abgeschliffener 80-jähriger Rollsteine und eine leichenfleddernde Dann-und-wann-Single einer vor über 70 Jahren aufgelösten Beatgruppe als die größten musikalischen Veröffentlichungen gehandelt wurden. Währenddessen reist ein madonnenhafter Ex-Weltstar mit einer Playbacktour durch die Stadien, auf dass es den Feuilletons ein Wohlgefallen ist. Ja, so ungefähr muss man sich das Ende der populären Musik vorstellen. In so einem Jahr ist das Erscheinen von drei unscheinbaren Vinyl-Schallplatten in geringer Auflage, die von einer bayrischen Band mit dem Funktionsnamen »Hochzeitskapelle« stammen, eigentlich nicht mal eine Fußnote. Und doch: irgendetwas riecht hier nach Weltereignis. Das klingt komisch und ist es auch. Es folgt der Beweis.
Dass es, um die Musik aus einer Sackgasse zu retten, ratsam sein kann, den eigenen Kontinent zu verlassen, haben vor der Hochzeitskapelle schon andere gewusst. Brian Jones hat 1967 – damals schon entnervt von den Rolling Stones – zugedröhnt sein musikalisches Heil in Marokko bei den protopsychedelischen »Master Musicians of Jajouka« gefunden. Legendär ist auch die Reise des französischen Saxofonisten Barney Wilen mit zwei VW-Bussen (einer davon mit einem Aufnahmestudio, der andere voller Medikamente) durch Afrika zu den Pygmäen (»Moshi«). Und von München aus startete 1972 der spektakuläre Trip des Embryo Kollektivs bis nach Indien. Und auch wenn die Weltmusik seit ihrer Erfindung 1987 fast epidemisch geworden ist, Japan findet sich bisher kaum auf der musikalischen Weltkarte. Ausgerechnet dort aber hat sich eine musikalische Spielfreude erhalten, die die Hochzeitskapelle fasziniert.
Den kompletten Artikel finden Sie ab dem 6. Januar in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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