Jakob Fedler inszeniert absurde Texte von Konrad Bayer als glitzernde Bühnenshow.

Karl, Karl und Karl

Geniales Scheitern

karl, karl und karl

Wir sind Karl: v.l. Severin Rauch, Lena Vogt, Axel Röhrle, Sophie Wendt © Severin Vogl

Scheitern. Wieder scheitern. Besser scheitern! Samuel Becketts Appell steht als unsichtbares Motto über diesem Abend. Regisseur Jakob Fedler arbeitet sich gern an sperrigen Autoren und Texten ab. Vor fünf Jahren hat er bereits im TamS unterhaltsam Grimms Märchen auf ihren Furchtfaktor hin untersucht. In seiner neuen TamS-Inszenierung »Karl, Karl und Karl« collagiert er Texte des österreichischen Autors Konrad Bayer, dessen Werk aus Verzweiflung und Humor entstand. 1932 geboren, fand Bayer von 1954 bis 1960 mit Gerhard Rühm, Oswald Wiener, H. C. Artmann und Friedrich Achleitner zusammen zur Wiener Gruppe, deren Lesungen avantgardistischer Sprachexperimente mit viel dadaistischem Nonsens oft zu skandalträchtigen Happenings gerieten. 1963 las er vor der Gruppe 47, die sich beeindruckt zeigte von seinem Talent. Nur ein Jahr später nahm sich Konrad Bayer mit 31 Jahren das Leben.

Jakob Fedler hat einen kongenialen szenischen Rahmen gefunden für die Verzweiflung Bayers, in der sein ironischer Humor aufblühte. Seine vier Akteure sind Showmaster, die mit jedem Auftritt um das Publikum buhlen – und dabei fast immer scheitern. Ausstatterin Claudia Karpfinger steckt sie in glänzende Satinanzüge, champagnerfarben für Lena Vogt, kräftiges Pink für Sophie Wendt, Flieder für Axel Röhrle und Babyrosa für den Schlagzeuger Severin Rauch, alle mit strassglitzernden Hemdkrägen. Jeder hat seinen Auftritt über die geschwungene Showtreppe, jeder winkt und zwinkert zaghaft den Zuschauern zu, doch jedem steht die Angst vor dem Nicht-Erfolg ins Gesicht geschrieben. Das Scheitern kommt unausweichlich, sie stolpern, fallen oder kämpfen ums Revier auf einem kleinen Drehpodest. Inbrünstig rezitieren sie die absurden Texte und Sprachspiele, deren Inhalt man gar nicht verstehen wollen muss. Den Höhepunkt liefert Sophie Wendt mit der langen titelgebenden Erzählung, worin sich drei Männer selben Namens nicht ganz freundlich begegnen. Wie Wendt Krimidramatik erzeugt, ohne dass man wirklich zuhören müsste, ist großartig – ebenso das zarte Soufflieren des einfühlsamen Percussionisten. Aber die Hauptrolle in knapp 100 Minuten hat das sprachlose Spiel, der permanente Versuch der Schauspieler, das Publikum zu gewinnen, zu animieren, zu begeistern, sich allen Fehltritten und stumm bleibenden Sprechversuchen zum Trotz immer wieder zu erneutem Scheitern aufzuraffen. Fedler und sein Ensemble machen die Kunst der stillen Komik zu einer Sternstunde, die sich nahtlos in die über 50-jährige Aufführungsgalerie der wundersamen TamS-Skurrilitäten einfügt. Einfach zauberhaft. ||

KARL, KARL UND KARL
TamS | Haimhauserstr. 13a | bis 6. Mai
Mi bis Sa 20 Uhr (nicht 5.–8., 28. April)
Tickets: 089 345890

Weitere Kritiken gibt es in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.

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