»Ennio Morricone – Der Maestro« setzt dem wohl größten Komponisten für Filmmusik ein beeindruckendes Denkmal.
Ennio Morricone – Der Maestro
Musikalisches Feuerwerk
Ennio Morricone (1928–2020) war ein Magier der Filmmusik und Giuseppe Tornatore, für dessen zwei Filme »Cinema Paradiso« (1988) und »Die Legende vom Ozeanpianisten« (1999) er die Musik komponierte, hat ihm mit dem zweieinhalbstündigen Dokumentarfilm »Ennio – der Maestro« wahrlich ein Denkmal gesetzt.
Eine halbe Stunde Zeit nimmt sich der Film, um die Jugend Ennios zu schildern, der wie sein Vater mit der Trompete die Familie ernähren muss und wie er zum begnadeten Arrangeur für Lieder von Italiens Popstar Gianni Morandi und anderen wird. Am Ende schwirrt der Kopf vor Tönen und Bildern, denn Tornatore entfacht zunehmend ein vielstimmiges Feuerwerk, das nicht nur die Aussagen Dutzender Weggefährten und Bewunderer, Komponisten, Dirigenten, Musiker, Produzenten vereint, sondern auch mehr als ein Dutzend Filme (von über 500) vorstellt.
Dabei erklärt Morricone oft selbst augenzwinkernd und mit viel Humor, was er warum tut. Bei »Mission« von Roland Joffé (1986) explodiert zur Kombination des berühmten Oboen-Themas mit gesungener Motette und dem Rhythmus der Aborigines ein schier verrücktes Patchwork aus von Morricone dirigierten Filmmusik-Konzerten und sekundenkurzen Filmschnipseln. Berühmt wurde der Komponist mit seiner Musik für Sergio Leones Western wie »Für eine Handvoll Dollar« (1964) oder »Es war einmal in Amerika« (1984).
Die ersten 20 Minuten bis zur berühmten Todesmelodie aus »Spiel mir das Lied vom Tod« mit musique concrete, also Geräuschen als Musik, sind in die Filmmusikgeschichte eingegangen. Dass Morricone auch ein experimenteller Komponist war, zeigt die Doku immer wieder: Von Marco Bellocchios »Mit der Faust in der Tasche« (1965) über »Das verfluchte Haus« (1968), in dem die Albträume eines verrückten Malers mit improvisierter atonaler Musik unterlegt sind (und andere Filme von Elio Petri) sowie »Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe« (Dario Argento) bis »The Hateful Eight«. Für Quentin Tarantino schrieb Morricone eine veritable Symphonie, die ihm 2015 endlich seinen ersten Oscar sicherte, neun Jahre nach dem Ehrenoscar für sein Lebenswerk. ||
ENNIO – DER MAESTRO
Italien, Belgien, Japan, Niederlande 2021 | Regie: Giuseppe Tornatore | Mit: Ennio Morricone, Giuseppe Tornatore, Clint Eastwood, Quentin Tarantino, Hans Zimmer, Bruce Springsteen, Pat Metheny, Roland Joffé u.v.a. | 150 Minuten
Kinostart: 22. Dezember
Offizielle Website von Ennio Morricone
Weitere Filmkritiken gibt es in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush: Interview mit Andreas Dresen
Pam Grier: Restrospektive im Filmmuseum München
»Das Land meines Vaters«: Ab heute im Kino
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton