Julian Mahid Carly führt die Fake-Welt der Influencer als »Fata Morgana« vor. Morgen wieder im Volkstheater.

»Fata Morgana« am Volkstheater

Gut getroffen

fata morgana

Ruth Bosung, Lorenz Hochhuth und Maral Keshavarz influencen | © Stefan Loeber

Bitte einchecken zum Start ins traumhafte Morgenland! Zwei Flugbegleiter, gewandet in zartes Helltürkis mit Schleierschal am Käppi, umsorgen die eingeladenen Passagierinnen. Stormy und Toni sind Influencerinnen, eine von ihnen soll das Gesicht der Werbekampagne für das neue Projekt des Resorts Fata Morgana werden. Welche Ehre. Allerdings gibt es einige Verbote: Der Staat, in dem die Ferienoase liegt, darf nie genannt werden. Tabu sind auch Religion, Politik, Sexualität, Menschenrechte, Frauenrechte, Sklavenarbeit, Öl, Waffen, Drogen, Pressefreiheit usw. So was interessiert die Follower eh nicht. Aber als ihr Kätzchen aus dem Flugzeug fliegt, kreischen die Damen entsetzt auf.

Diesen gar nicht so absurden Plot hat Julian Mahid Carly erfunden und im Volkstheater auf der kleinen Bühne 3 selbst leichthändig inszeniert. Der 25-Jährige hat Regie studiert, seine Abschlussinszenierung wurde zum Körber-Wettbewerb eingeladen, sein Stück »Verbindungsfehler« gewann den Osnabrücker Dramatikerpreis, seine Filmdoku »Weißabgleich« siegte beim Rostocker FISH-Festival.

Die Zuschauer sitzen auf drei Seiten um die leere Spielfläche, auf der bald eine gefällte Palme liegt (Ausstattung: Sonja Hoyler). An der vierten Wand kommentieren Videos (von Maximilian Müller). Natürlich müssen die Bewerberinnen »Challenges« absurder Art absolvieren. Die stürmische Stormy (Luise Deborah Daberkow) wirft sich mit vollem Körpereinsatz schreiend und epileptisch zappelnd in den Kampf um den »viralen Moment«. Ihre Konkurrentin Toni (Ruth Bohsung) lässt sich trotz intellektueller und moralischer Zweifel auch nicht bremsen. Da haben beide schon erotisch zueinander gefunden, was ziemlich gefährlich ist. Die alles überwachenden Betreuer Jesse (Maral Keshavarz) und James (Lorenz Hochhuth) achten streng auf Einhaltung der Regeln. Keiner weiß, welches Projekt eigentlich beworben werden soll. Eine Winterolympiade im Vorderen Orient? Immerhin kommt eine Schneekanone zum Einsatz. Kein Wunder, dass am Ende alles nur eine Fata Morgana war.

Der Autor Julian Mahid Carly persifliert boshaft und pointiert die Fake-Welt der Influencer. Als Regisseur gibt er den Schauspielern Auslauf mit aberwitzigen Einfällen und gutem Timing. Sein Volkstheater-Debüt weckt Hoffnung auf mehr von ihm. ||

FATA MORGANA
Volkstheater | Tumblingerstr. 29 | 11., 18. Mai | 20 Uhr | 27. Mai | 19.30 Uhr | Tickets: 089 5234655

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