Die Pianistin Olivia Trummer macht die Runde. Stadt und Land können sich freuen.
Olivia Trummer
Am liebsten poetisch
Wer zum ersten Mal ein Solokonzert von Olivia Trummer erlebt, könnte die Pianistin und Sängerin als auffallend musikalische höhere Tochter einordnen. Bei ihrer Mutter hatte sie in Stuttgart ersten Klavierunterricht, und damit wuchs die Lust am frühen Improvisieren über längere Zeit ohne Noten heran. Auch der Vater ist Musiker. Musikalische Vorliebe der seit 2012 in Berlin Lebenden ist Melodisches zwischen Jazz und gelegentlich SingerSongwriterhaftem, komplex und eingängig zugleich. Auftreten, Stimme und vor allem mancher Song erinnern an die anmutige Natürlichkeit einer Esperanza Spalding oder von Gretchen Parlato. Hinzu kommt, dass Titel und Texte ihrer Songs zum Erbaulichen neigen (»Poesiealbum«, »Mozärtlichkeiten«).
Und doch täuscht der eher brave Eindruck. Olivia Trummer hat genügend Entschlossenheit und Biss, um zum Beispiel von zwei längeren Aufenthalten im konkurrenzbetonten New York zu profitieren. Verantwortung für die eigene Karriere zu übernehmen hat sie dort gelernt. Und dass man alles aus sich rausholen muss. Wenn sie als Pianistin obendrein singt, ist dies allerdings kein strategischer Schachzug. Sie hat nur bis 2010 gebraucht, um genügend Selbstvertrauen zu gewinnen, es auch öffentlich zu tun, ein Jahr später sogar mit deutschen Texten für ihr »Poesiealbum«.
Von dessen Nachfolger »Fly Now« mit dem Gitarristen Kurt Rosenwinkel und Matt Penman am Bass stammen zwei veritable Vocal Jazz Hits bei YouTube: »Gotta Miss Someone« und »All Is Well«. Immer neue Projekte kamen hinzu, von Rosenwinkels weltweit tourender Band »Caipi« über Flirts mit Mozart, Bach und Scarlatti bis zum intimen Duo »Hawk« mit der Flötistin Hadar Noiberg und schließlich jenem Trio, mit dem sie nun nach München anreist. Dass Olivia Trummer 2016 auf einer Tour
durch Italien mit »landeseigenen« Musikern spielen wollte, hat zu engen Verbindungen mit der dortigen Szene geführt, besonders eng, weil auch privat, im Fall des Schlagzeugers Nicola Angelucci. Die Referenzen ihres Bassisten Rosario Bonaccorso reichen von Roberto Gatto bis Enrico Rava. Auch bei Angelucci schließen sie neben US-Größen diverse Italo-Prominenz von Enrico Pieranunzi bis Mario Biondi mit ein.
Statt aus dem Elternhaus gestreamten Songs in Corona-Zeiten folgt nun also eine Rundreise mit dem für Veröffentlichung im März vorgesehenen Album »For You« im
Gepäck, bei dem Olivias Singer-Songwriterinnentum im Vordergrund steht. Eine Tour, bei der München besonders gut wegkommt, wenn man das nähere Umland miteinbezieht. Sowohl in Fürstenfeldbruck, als auch in Pullach sorgen Abonnenten dafür, dass manchmal Konzerte sogar besser besucht sind, als wenn sie downtown über die Bühne gegangen wären. »JazzFirst« an der Amper und eine parallel laufende Konzertreihe im Isartal sind für das Trio der Einstieg, während die »Unterfahrt« anschließend die Innenstadt versorgt. Und das besonders intensiv, war Olivia Trummer doch im vergangenen Jahr bereits solo und mit Hadar Noiberg gebucht. In Zeiten halbierter oder gar geviertelter Kapazitäten kann von Überversorgung des Publikums allerdings selbst bei diesem Dreisprung keine Rede sein. ||
OLIVIA TRUMMER TRIO
15. Feb. | Bürgerhaus Pullach | 20 Uhr
Heilmannstr. 2 | 82049 Pullach | Tickets: 089 7447520 || 16. Feb. | Veranstaltungsforum Fürstenfeld | 20 Uhr | Fürstenfeld 12, 82256 Fürstenfeldbruck | Tickets: 08141 6665140 || 17. Feb. | Unterfahrt | 20.30 Uhr | Einsteinstr. 42 Tickets: 089 4482794
Weitere Vorberichte zu Konzerten in und um München finden Sie in der kompletten Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
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