Mit seinem kruden Gaunerkrimi-Screwball-Comedy-Mix »Das schwarze Quadrat« weiß Regiedebütant Peter Meister zumindest in Ansätzen zu überzeugen.

Das schwarze Quadrat

Irrsinniger Kunstraub-Mambo

das schwarze quadrat

Sinnlich-brutal: Sandra Hüller in »Das Schwarze Quadrat« © Felix Novo de Oliveira / Port au Prince Pictures

In pandemiegebeutelten Zeiten wie diesen bieten sich für uns nicht gerade viele Möglichkeiten, um mal wieder nach Herzenslust lachen zu können. Da freut man sich umso mehr über entsprechende Offerten, die das Kino aktuell bereithält. Zum Beispiel Peter Meisters Langspielfilmdebüt »Das Schwarze Quadrat«, das Ende Oktober die Internationalen Hofer Filmtage eröffnen durfte. Denn rein vom Papier her erfüllt der Erstling sämtliche Voraussetzungen, um mit viel makabrem Witz, groteskem Humor und überraschenden Wendungen abendfüllend zu unterhalten. Präsentiert Meister doch eine wilde Mixtur aus klassischem Screwballspaß, pechschwarzer Gaunerkomödie und überdrehter Seifenoper.

In »Das Schwarze Quadrat« dreht sich alles um das gleichnamige, 60 Millionen Euro schwere Gemälde von Kasimir Malewitsch. Dieses Meisterwerk der Moderne, das der Russe im Jahr 1915 malte, befindet sich im Besitz der beiden Kunsträuber Vincent (Bernhard Schütz als grantelnder Alter) und Nils (naiv-tumber Sympathieträger: Jacob Matschenz). Es soll an Bord eines Kreuzfahrtschiffes dem Auftraggeber übergeben werden. Doch weil die beiden durch eine Verwechslung für Elvis- bzw. Davie-Bowie-Imitatoren gehalten werden, müssen sie erst einmal auf der Showbühne des Dampfers ihr Bestes geben, was allerdings alles andere als gut genug ist. Zu allem Übel sind auch noch einige andere Passagiere an dem Kunstwerk interessiert. Und so kommt es, wie es kommen muss: Die Diebe werden bestohlen, und so sieht sich Vincent, einst selbst ambitionierter Maler, genötigt, eine exakte Kopie des »Schwarzen Quadrats« anzufertigen. Doch damit löst er nur eine Kette von Irrungen, Wirrungen und unvorhergesehen Ereignissen aus, bei der eine erstaunliche Menge an krimineller Energie freigesetzt wird.

Auch wenn es in Meisters Film, zu dem dieser auch das mit dem Tankred-Dorst-Drehbuchpreis ausgezeichnete Skript verfasste, um hohe Kunst geht, wird dieses Thema nur am Rande gestreift, etwa mit Onelinern wie »Immer, wenn man einen Camus braucht, ist keiner da« oder »Gold kann jeder Bauarbeiter kaufen, aber Kunst nur die oberen Zehntausend«. Vielmehr ist der Nachwuchsregisseur an der exakten Zeichnung seiner Charaktere interessiert. Das gelingt mal recht gut, wie im Fall der zwielichtigen, über Leichen gehenden Kunstkennerin Martha, die von Ausnahmeschauspielerin Sandra Hüller (»Toni Erdmann«) mit fast schon sinnlicher Brutalität verkörpert wird. Und mal weniger gut, wie bei der attraktiven Bordpianistin Mia, die das Zeug zur betörenden Femme fatale hätte, was jedoch von Pheline Roggan nur bruchstückhaft umgesetzt wird.

Was dem »Schwarzen Quadrat« zudem fehlt, ist eine gewisse Stringenz und Ausgewogenheit der einzelnen Sequenzen. So verstört Meister zum einen mit brachialem Fäkalhumor, wenn etwa männliche Brustwarzen abgebissen, Zeigefinger abgehackt oder Gemäldefälschungen mit Hilfe von Urin angefertigt werden. Zum anderen überrumpelt er sein Publikum mit Slapsticknummern wie Vincents Solo-Mambo, bei dem Schütz dank genialer Körperbeherrschung binnen weniger Sekunden den kompletten Tanzsaal auf den Kopf stellt. Dann wiederum gibt sich der Regisseur zutiefst romantisch, zeigt aber dabei allzu brave, traumschiffartige Liebesszenen und verlässt damit vollkommen das ursprünglich eingeschlagene komödiantische Terrain. Auch wenn Meisters Debüt noch keineswegs als meisterlich zu bezeichnen ist, so ist doch in Fragmenten zu erkennen, dass der Absolvent der 29. Drehbuchwerkstatt der HFF München sein Handwerk versteht und sich in der Filmhistorie auskennt.

Zudem ist es ihm hoch anzurechnen, dass er das Wagnis eingegangen ist, die Handlung nahezu ausnahmslos an Bord eines Schiffes spielen zu lassen. Dass aus »Das Schwarze Quadrat« trotz der vom Drehbuch vorgegebenen klaustrophobischen Enge kein dröges Kammerspiel geworden ist, ist sicherlich auch Kameramann Felix Novo de Oliveira (»Rate Your Date«) zu verdanken, der immer wieder Bilder findet, die eben nicht an das kleine Fernsehspiel (das ZDF-Format fungierte als Koproduzent) erinnern, sondern durchaus Leinwandniveau erreichen. ||

DAS SCHWARZE QUADRAT
Deutschland 2021 | Drehbuch und Regie: Peter Meister
Mit: Bernhard Schütz, Sandra Hüller, Jacob Matschenz u.a.
105 Minuten | Kinostart: 25. November
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