Ebow rappte am Anfang in Münchner Waschsalons. Inzwischen ist sie eine der Headlinerinnen des digitalen c/o POP-Festivals.

Ebow – Rapperin aus dem Westend

Zorn mit Botschaft

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Ebow, die Stimme aus dem Westend | © Joana Legid

»In mir steckt der Zorn meiner Oma, meiner Mama, meiner Tanten drin«, rappt die in München aufgewachsene Ebru Düzgün als Ebow im Titelsong ihres letzten Albums »K4L«. Der Titel steht für »Kanake for Life«. Als Tochter kurdischer Eltern wurde Ebru mit jenem Wort oft beschimpft. Wenn die Rapperin nun aber sich selbst und ihre Community als »Kanake« bezeichnet, klingt das fast schon cool. Kein Wunder also, dass auch manch reicher weißer Wohlstandsschnösel sich in seiner Hip-Hop­-Begeisterung durch Zuhören schon der Community zugehörig fühlt. Doch Ebow weist ihn ab: »Ihr begehrt uns, aber ihr respektiert uns nicht«, heißt es in ihren Texten, »kauft euch gern so viel Hummus und Ayran, wie ihr wollt, aber tut nicht so, als ob ihr Blutgruppe Ayran seid.«

Das mag ausgrenzend wirken, aber Ebow, die früher am liebsten alle aufgeklärt hätte, findet es heute wichtiger, Energie in ihre eigene Community zu stecken. Eine Gemeinschaft, die wie sie selbst Fremdenfeindlichkeiten erdulden musste, so wie auch ihre Oma, die als Gastarbeiterin nach Deutschland zog, oder ihre Mutter, die ihren kurdischen Mann verlassen hatte, weil sie wollte, dass ihre Tochter in München entgegen dessen Vorstellungen eine möglichst gute Ausbildung bekommt. Und so studierte Ebru, die bei ihrer Mutter und ihrer Oma im Münchner Westend aufgewachsen ist, Architektur. Zugleich etablierte sie sich als Rapperin, die anfangs ihre Mischung aus orientalischen Klängen, R’n’B und Hip-­Hop auch mal live in Waschsalons und türkischen Supermärkten im Bahnhofsviertel darbot. Sie selbst hatte ihre Musik als »Hip-­Hop auf einer türkischen Hochzeit« beschrieben. Auf einer solchen würde das Rhythmusgefühl der tanzenden und mitklatschenden Gäste nicht immer stimmen, trotzdem sei die Stimmung gut. Unterstützt wurden Ebows Auftritte unter anderem von der Kollegin Taiga Trece, die über Ebow sagt: »Wir haben uns gegenseitig gefeiert. In München gab es sonst keine nennenswerten Rapperinnen zu dem Zeitpunkt. Deswegen fragte sie mich, ob ich sie auf der Bühne backen kann. Somit haben wir öfters zusammen gespielt und uns gegenseitig supportet.«

Ebows offizielle Website

Dann zog Ebow nach Wien und Taiga Trece nach Mexico. Die gegenseitige Bewunderung blieb. »Ebow war für mich schon immer arty! Eine inspirierende Künstlerin«, sagt Taiga Trece. »Für mich hat sie bereits im ersten Mixtape ihren Schreibstil, ihren Style und ihre Themen etabliert«. Zu Ebows Themen zählen neben der eigenen Biografie als sogenannte Deutsche mit Migrationshintergrund auch das Leben als Frau in einer von Männern beherrschten Gesellschaft. Darum ist es ihr wichtig, dass Frauen eigene Strukturen aufbauen, etwa mit eigenen Booking­Agenturen, damit sie nicht mehr von den alten Seilschaften abhängig sind. So gesehen war es nur folgerichtig, dass Ebow nach der Veröffentlichung ihres ersten Albums zum Lyrikerinnen­-Festival Schamrock 2014 eingeladen wurde. Dessen Veranstalterin, Poetin Augusta Laar, erinnert sich noch gut an diese Anfänge: »Auf Ebow bin ich durch den Zündfunk aufmerksam geworden und ich dachte: Wie cool, dass es diese tolle Dichterin und Rapperin bei uns hier in München gibt. Ich habe sie dann im Feierwerk angeschaut bei einem Konzert von mehreren Frauen, und sie war die Beste. Wir hatten einen Türkei­-Schwerpunkt beim Festival und Ebow hat sehr gut reingepasst. Außerdem kam die türkische Community als Publikum, das war auch zusätzlich sehr fein.«

Dass in der Presse mehr über Ebows Texte als über ihre Musik gesprochen wird, stört sie nicht. Immerhin würden so ihre politischen Botschaften diskutiert. Wobei sie sich wohlgemerkt als politische Musikerin und nicht als musizierende Politikerin sieht. Im Idealfall würden ihre Konzerte wie Demonstrationen wirken, wo Gleichgesinnte feststellen, dass sie mit ihrem Anliegen nicht alleine sind. Und es gibt auch noch andere Projekte. Mehr auf die Soundästhetik konzentriert wirkt Ebru in der Formation Gaddafi Gals mit. Ferner gibt sie Gastauftritte wie zum Beispiel auf dem neuen Album »Punkt« der deutsch­-polnischen Sängerin Balbina, auf dem auch deren Mentor Herbert Grönemeyer mitwirkt. Live ist die Rapperin, die zuletzt auch für den deutschen Musikautor*innenpreis nominiert war, am 22. und 23. April auf dem Kölner c/o Pop-­Festival zu erleben. Natürlich gestreamt! ||

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