Autor Kristo Šagor dröselt in »Ich lieb dich« die Formen der Liebe für Kinder ab acht auf.
Eine Art hölzerner Turm mit Plattform und Schaukel beherrscht den Raum (Ausstattung: Andreas A.Strasser). Seitlich daneben wächst Grün aus Ruinen, als befinde man sich in einer Nachkriegsstadt. Das verleiht diesem Spielplatz etwas aus der Zeit Gefallenes. Zwei Kinder hängen dort herum. Lia (Anne Bontemps) und Julian (David Benito Garcia) kennen sich seit dem Kindergarten und sitzen in der Grundschule nebeneinander. Bis in der dritten Klasse plötzlich jemand anders auf Lias Platz sitzt. Trotzdem sagt Julian dauernd »Ich liebe dich« zu ihr. »Ich dich nicht«, kontert sie.
Kristo Šagor hat im Auftrag der Schauburg ein Stück über Liebe geschrieben und dekliniert die Konstellationen dieses Gefühls durch. Wie lieben sich Freunde (ohne Drama), Geschwister, Kinder ihre Haustiere, Eltern ihre Kinder, Kinder ihre Eltern, die Eltern sich gegenseitig? Das ist ein Problem. Julians Eltern lassen sich scheiden, sein Vater sieht aus wie ein trauriger Hund im Regen. Lia führt Julian zu ihren Großeltern, um ihm zu zeigen, dass Liebe Bestand haben kann. Oma plädiert fürs Carpediem: »Heute ist der einzige Tag, an dem du genau das machst, was Du machst.« Und Opa hat erkannt: »Immer wenn du glaubst, du hast was kapiert, flutscht sie dir durch die Finger, die Liebe.« Leider hat Regisseurin Ulrike Günther die Großeltern etwas zu überkarikiert mit ihrem Hamburger Slang, und Opa wirkt mit der Pfeife im Mund doch sehr wie Käpt’n Blaubär. Auch Tierpfleger und Tierarzt, die sich um Meerschweinchen Muppi kümmern, sind mit scheinbar komischen Dialekten und Akzenten besetzt.
Sie alle werden von Anne Bontemps und David Benito Garcia gespielt, die manchmal minütlich die Rollen wechseln. Vor allem Bontemps zeigt dabei großen Körpereinsatz, wenn sie als Meerschweinchen Muppi quiekt und grunzt und hoppelt. Vor Muppi liebte Julian Zitroneneis, das bei Bontemps ein sehr kapriziöses, ewig kicherndes, tänzelndes Persönchen ist. Und davor war es eine Wiese mit Kastanien. Da wirft sich Bontemps auf den Boden und kugelt herum. Aber die Kastanien werden trocken und kleiner, der Zauber verschwindet – wie der jeder Liebe? Manchmal endet die Liebe durch den Tod– oder überlebt ihn. Das ist der letzte Twist dieser Geschichte voller verschlungener Bedeutungsebenen, die alle zu entschlüsseln es möglicherweise mehr als eines Vorstellungsbesuchs bedarf. ||
ICH LIEB DICH
Schauburg| 10. März, 21. April | 19 Uhr
12., 13. März, 19. April| 10 Uhr
Tickets: 08923337155
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