Die Traumwandler von Slowdive stehen seit jeher für warmen, sphärischen Gitarrenpop. Nun zu hören im Technikum.
Da wird es im letzten Jahr einige von den Stühlen gehauen haben. Slowdive veröffentlichten nach 22 Jahren wieder ein Album. Und was für eines. Die mit dem Bandnamen betitelte Scheibe ist kein lauwarmes Alterswerk, sondern eine stilvolle Fortsetzung dessen, was sie in den Neunzigern schon am besten konnten: wunderschöne Cumuluswolken aus Klang erzeugen. Live spielt die Band bereits wieder seit 2014, unter anderem auch auf dem damaligen Wave-Gotik-Treffen in Leipzig. Der größte Unterschied zu den frühen Jahren ist wohl, dass Slowdive nun die volle Anerkennung bekommen, die ihnen anfangs verwehrt blieb. Neben Grunge und Britpop sahen viele Hörer keinen Platz für melancholisch-verträumte Musik, die die damaligen Teenager zwischen 1989 und 1995 produzierten. Dave Simpson vom »Melody Maker« wäre »lieber in einer Wanne Porridge erstickt«, als noch mal diese »seelenlose Leere« hören zu müssen. Vom großen Teil der englischen Fachpresse geächtet und vom eigenen Label Creation Records sitzen gelassen, war nach sechs Jahren, drei Alben und fünf EPs wieder Schluss.
Heute sieht es damit zum Glück anders aus. Slowdive gelten neben Kollegen wie My Bloody Valentine und Ride als bedeutendste Vertreter des Shoegaze-Genres, einer Musikrichtung, in der sphärische Gitarrenwände und ätherische Atmosphäre mehr zählen als einprägsame Refrains und Rockstargetue. Vor allem ihr zweiter Tonträger »Souvlaki« gilt heute als Meilenstein alternativer Rock- und Popmusik, für den sie damals sogar Brian Eno als musikalischen Mitstreiter gewinnen konnten. Kurz vor Schluss ging man mit dem Nachfolger »Pygmalion« noch mal einen Schritt weiter in Richtung Ambient, bevor man sich nach der Pause auf »Slowdive« mit altbewährtem, aber trotzdem frischem Sound wieder zurückmeldete. Auch weiterhin ist die Gruppe also die richtige Adresse, wenn man Musik sucht, in der man mit Körper und Seele eintauchen kann. Wer das nicht kann, dem bleibt noch die Wanne Porridge. ||
SLOWDIVE
Technikum| Grafinger Str. 6 | 27. Feb.| 20 Uhr | Tickets:
01806 570070
Das könnte Sie auch interessieren:
Allmšik: Die neue Platte »Fünfer«
Olivia Trummer: Live in München, Pullach und Fürstenfeldbruck
Progressive Chamber Music Festival im Milla
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton