Tom Harrell gilt als Großmeister der Jazztrompete. Mit dem Quartett »Trip« lässt er sich von Don Quixote inspirieren.

Tom Harrell | © Ralf Dombrowski

Tom Harrell | © Ralf Dombrowski

Es kann irritieren, Tom Harrell auf der Bühne zu erleben. Denn meist steht er unbeweglich an seinem Platz, die Trompete in der Hand, den Kopf gesenkt, nach innen horchend. Er wirkt in sich gefangen, ein Mensch unter Medikamenten, der auf diese Weise schizophrene Schübe unter Kontrolle hält. Ist Harrell an der Reihe, wandelt sich die Welt um ihn.

Denn sobald er sein Instrument an die Lippen setzt, entsteht ein Universum der Klänge, das ihn nach Meinung vieler Kollegen längst auf den Olymp des Jazz befördert hat. Harrells Ton ist leise und flexibel, dabei präsent und voller Farben. Seine Linien sind geschmeidig, fließend und zugleich in der Vielfalt ihrer Phrasierungen verblüffend. Er ist das Zentrum der Bands, die er leitet, egal, ob er mit seinem neunköpfigen Kammerjazzensemble, seinem langjährigen Quintett oder dem Quartett Trip unterwegs ist. Und trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist er einer der meistbeschäftigten Musiker seiner Generation, der im Laufe der Jahrzehnte mit einer Vielzahl großartiger Kollegen gearbeitet hat.

Denn der inzwischen 70-jährige Harrell schritt seinen Weg als Musiker und Komponist des modernen Jazz zielstrebig voran. Geboren in Urbana, Illinois, und aufgewachsen in der Bay Area von San Francisco studierte er an der Stanford University und ging nach seinem Abschluss zunächst mit Stan Kanton auf Tournee. Rund zwei Jahrzehnte lang wurde er von Koryphäen wie Woody Herman, Horace Silver, Lee Konitz oder Phil Woods engagiert, nahm Platten mit Bill Evans, Dizzy Gillespie, Charlie Haden auf und wurde mehr und mehr auch als Komponist und Arrangeur angefragt.

Jazz im Geiste »Don Quixotes«

Im Jahr 1989 war es dann so weit. Tom Harrell beschloss, von da an überwiegend mit eigenen Combos unterwegs zu sein. Das Quintett wurde zum Nukleus seiner Arbeit, ergänzt um weitere Formationen wie die Combo Colours Of A Dream, die auf Klavier verzichtete, dafür mit Esperanza Spalding als Gast einen zweiten Bass ins Gefüge integrierte. Das Quartett Trip wiederum entstand ursprünglich auf Anfrage von Harrells Instrumentalkollegen Dave Douglas. Es war als Beitrag zu dessen Festival Of New Trumpet Music 2012 gedacht, verselbstständigte sich aber als eigenständiges Projekt.

Die Idee hinter der Musik ist eine lockere Kombination von Motiven, die sich von Miguel de Cervantes’ Roman »Don Quixote« inspirieren ließen. An Harrells Seite sind der Tenorsaxofonist Ralph Moore, der Bassist Ugonna Okegwo und der Schlagzeuger Adam Cruz zu hören. Es ist eines der herausragenden Gastspiele, mit denen der Jazzclub Unterfahrt während der Januarwochen in die Räume in der Einsteinstraße lockt. Darüber hinaus geben sich unter anderem die beeindruckend virtuose Pianistin Younee (14. Jan.), das wild expressive Trio des Schlagzeugers Jaimeo Brown (19. Jan.), der kammermusikalisch konzentrierte Saxofonist Trygve Seim (24. Jan.) oder auch das pfiffig groovende Trio Goldings/Bernstein/Stewart (26. Jan.) die Ehre. Ein aufregendes, grandioses Programm als Start in das noch junge Jazzjahr. ||

TOM HARRELL »TRIP«
Jazzclub Unterfahrt| 21. Jan.| 21 Uhr
Tickets: 089 4482794 | Website

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