Der Allitera-Verlag legt eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage der »Münchner Palais« vor. Entstanden ist ein großer Bildband, der Bauwerke vom 17. bis zum 20. Jahrhundert zeigt und wiederauferstehen lässt.

Münchner Palais

Münchner Architekturjuwelen

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Das Treppenhaus im Palais Preysing. Im Bildband kann man daneben das im Krieg zerstörte Treppenhaus sehen, in dem nur noch die Wände des Palais stehen und Teile der Treppe.

Jeder Münchner und jede Münchnerin kennt wohl das architektonische Kleinod am Salvatorplatz 2: das Palais Minucci. Jahrzehntelang beherbergte das von einem unbekannt gebliebenen Architekten entworfene Eckgebäude mit der eleganten Barockfassade die Buchhandlung Hugendubel. Heute befindet sich dort das Stammhaus von Obermaier Bäder. Die wenigsten dürften jedoch die ganze Geschichte des stattlichen Anwesens aus den Dreißigerjahren des 18. Jahrhunderts kennen. Oder wussten Sie, dass hier in den Revolutionswirren von 1918/19 Gustav Landauer amtierte? Dies und noch viel mehr erfährt man in dem prachtvollen Band »Münchner Palais« von Dietlind Pedarnig und Konstantin Köppelmann, der im Jahr 2016 erstmals im Allitera Verlag erschienen ist. Damals war das ziegelschwere Buch, das eine Lücke in der Architekturgeschichtsschreibung der Stadt München auf beeindruckende Weise schloss, bereits nach wenigen Monaten vergriffen.

Sechs Jahre später liegt es jetzt in einer vollständig überarbeiteten und um ein ausführliches Personenregister sowie um historische Fakten und Erkenntnisse erweiterten Neuauflage wieder vor. Und wieder kann man nur staunen ob der Opulenz des vor unseren Augen großzügig ausgebreiteten Bild-, Quellen- und Fotomaterials. Es vermittelt weit mehr als nur einen Eindruck vom Münchner Stadtbild in früheren Zeiten, ehe der überwiegende Teil der architektonischen Schmuckstücke durch Krieg und Nachkriegszeit unwiederbringlich verloren ging. München durch das Prisma dieser bis dahin von der Forschung weitgehend vernachlässigten Baugeschichte zu sehen, heißt in den Worten von Mathias Pfeil, Generalkonservator am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und Verfasser des Vorworts, »die Metamorphose der mittelalterlichen Bürgerstadt zur prachtvollen höfischen Residenzstadt, die Erhebung zum Sitz der bayerischen Könige, den wirtschaftlichen Aufschwung während der ›Belle Époque der Prinzregentenzeit, das Ende der Wittelsbacher Herrschaft nach Krieg und Revolution und die unheilvolle Zeit als ›Hauptstadt der Bewegung‹« nachzuerleben.

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Das Treppenhaus im Palais Holnstein, dem heutigen Erzbischöflichen Palais | © Werner Ebnet (2)

Von den 54 Palais, deren Historie Dietlind Pedarnig und der noch während der Arbeit am Buch im Jahr 2014 gestorbene Konstantin Köppelmann ohne sperrigen Fachjargon fundiert beschreiben, existieren heute gerade einmal noch acht. Das Palais Minucci gehört ebenso dazu wie das Palais Montgelas am Promenadeplatz oder das Palais Holnstein in der Kardinal-Faulhaber-Straße, das einzig erhaltene Rokokopalais der Stadt. Die Autoren nehmen uns mit auf einen Rundgang durch dieses von François de Cuvilliés d.Ä. 1737 fertiggestellte Gebäude. Vom Vorraum geht es ins Treppenhaus und den ersten Stock mit seinem ausladenden Deckengemälde, einer Allegorie der »Guten Regierung« von Johann Baptist Zimmermann. Weiter in den zweiten Stock, wo sich unter anderem ein Kabinett befindet, das noch im Originalzustand ist.

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Dessen luxuriöse Wandbespannung ist so empfindlich, dass man es heute nicht mehr besichtigen kann. Umso schöner, dass der Prachtband zumindest eine Vorstellung davon vermittelt. Der Rest bleibt unserer Fantasie überlassen. Die wird hier beim Betrachten zahlreicher Grundrisse, Gebäudeskizzen, Gemälde und alter Fotografien so angeregt, dass letztlich auch all jene Palais, die die Zeitläufte nicht überdauert haben, wie das Palais Leuchtenberg, das Palais Schönborn-Wiesentheid und das Palais Maffei, vor unserem inneren Auge wiederauferstehen. ||

DIETLIND PEDARNIG UND KONSTANTIN KÖPPELMANN: MÜNCHNER PALAIS
Allitera Verlag, 2022 | 2. überarbeitete und erweiterte Auflage
804 Seiten | 99 Euro

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