Das TamS lädt zum Sommertheater – mit einem halbstündigen Rundgang durch seine Räume und dem »Fluch der Souffleuse«.
TamS Sommertheater: Kein Fluch, sondern Zauber

Der Rundgang führt auch in den Hof (v.l. Helmut Dauner, Sophie Wendt, Arno Friedrich, Axel Röhrle) | © Felicitas Rall-Wirtz
Falls die Souffleuse wirklich flucht, tut sie das zu Hause im stillen Kämmerchen. Weil sie derzeit in geschlossenen Theatern nicht gebraucht und nirgends gehört wird. Auch nicht im TamS. Als drittes Münchner Privattheater wagen Anette Spola und Lorenz Seib die Öffnung für Publikum: Mit einem poetischen Parcours durch das verwinkelte und verwunschene Schwabinger Hinterhäuschen, das als TamS-Theater im Januar sein 50-jähriges Bestehen feierte.
Der Titel »Der Fluch der Souffleuse« ist nur ein Aufmerksamkeits-Catcher, aber die Aufmerksamkeit der Zuschauer wird sehr zielgenau auf das Live-Erlebnis Theater gerichtet. Im Zuschauerraum mit 70 Plätzen dürften unter Corona-Bedingungen höchstens 20 Leute sitzen – völlig unrentabel. Also macht man’s anders: Alle 5 Minuten geht ein Besucher (oder zwei im Team) auf Theatererkundung. Man kriegt auf silbernem Tablett ein sprechendes Kästchen gereicht, das einen leitet. Im leer geräumten Büro chillt einen die leise Klanglandschaft aus vielen Geräten herunter. Hört man vielleicht den Ruf des Kojoten? Danach wartet schon Burchard Dabinnus im Hof und lauscht auf eine Stimme aus dem Vorderhaus – jemand freut sich auf seinen Schiffsplatz für die Überfahrt nach Amerika: Hoffnung auf Zukunft.
Im Zuschauerraum stehen nur noch drei Stühle: Ein pompöser, geraffter Vorhang hebt sich, auf der Bühne auch drei Stühle. Irene Rovan disputiert mit der Off-Stimme von Maria Peschek frei nach Karl Valentin, ob die Welt schön ist oder es für den Menschen schöner wäre, nicht zu leben. Im Foyer des ehemaligen Tröpferlbads mit seinen originalen alten Heizöfen klingt Wasserplätschern, man sinniert mit Karl Valentin, warum es keinen Theaterzwang gibt, es gibt doch auch einen Schulzwang. Und in der Garage im Vordergebäude hängt zum Schluss eine Stahlnetzskulptur, während Videoschleifen immer wieder den sich öffnenden Vorhang und das TamS-Ensemble beim Verbeugen zeigen. Und schon öffnet sich das Tor zur Straße.
So nacherzählt klingt das banal. Der kleine Rundgang dauert auch nur ein halbes Stündchen. Aber das entwickelt in den Miniszenen die ganz eigene, versponnene, rätselhafte TamS-Aura, schafft Verwirrung und Verzauberung. Und ist damit mehr als nur ein halbes Sternstündchen. ||
SOMMERTHEATER: DER FLUCH DER SOUFFLEUSE
TamS | Haimhauser Str. 13a | bis 19. Juli
Fr–So 16–20 Uhr (Zeitfenster buchen) | Reservierung: 089 345890 | tams@tamstheater.de
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