Der Hot Club de M Belleville pflegt in München die Tradition des Gypsy Jazz.

Hot Club de M Belleville | © HCDBM

»Im Gypsy Jazz spielst und denkst du als Rhythmusgitarrist wie ein Schlagzeuger«, schwärmt Daniel Fischer, der tatsächlich jah­relang als Schlagzeuger musiziert hatte, bevor er selbst zur Gitarre wechselte. Dass man als Gitarrist den Gypsy Jazz auch ohne zusätzli­che Verstärker spielen kann, war dem Sozio­logen dabei ein weiteres Argument für seine Instrumentenwahl. Die europäische Spielart der Jazzmusik, wie sie in den 20er Jahren in Frankreich aufkam, erfuhr spätestens mit dem in Belgien geborenen Ausnahmegitarris­ten Django Reinhardt Weltruhm. Tatsächlich existiert sogar eine gemeinsame Aufnahme der Glenn Miller’s All Stars mit jenem Genius, wie sie 1945 swingend das Kriegsende in Paris feierten. Und noch heute prägt der alte Swing-­Spirit eine entsprechende Szene in Frank­reich, die einige ihrer besten Gitarristen in der Supergroup Selmer #607 vereint, benannt nach dem Gitarrenmodell der Firma Selmer, das sich bei den dortigen Gitarristen beson­ders hervortat.

In der Tradition von Selmer #607 kann man auch die Münchner Vereinigung einiger Gypsyjazz-­Gitarristen samt der Kontrabassis­tin Julia Hornung zum Hot Club de M Belle­ville feiern, der am 22. November in der Milla sein erstes Album »Tour D’Horizon« präsen­tiert. Drei Solisten werden darauf von zwei Rhythmusgitarristen und besagter Kontrabas­sistin begleitet, wobei neben den gemein­samen Stücken auch jeder Solist zwei Titel ohne die anderen Kollegen spielt. Zumeist sind das überlieferte Standards, aber auch eine Eigenkomposition von Elias Prinz, dem jüngsten Mitglied, ist im Repertoire. Benannt ist das Ensemble nach dem Quintette du Hot Club de France um den bereits erwähnten Django Reinhardt. Anders als dieses erste ausschließlich von Saiteninstrumentalisten besetzte Jazzensemble, das trotz wechselnder Mitglieder immerhin Reinhardt als Konstante aufwies, setzt der aus den Sessions im Schwabinger Restaurant M Belleville hervorgegan­gene Münchner Hot Club keine notwendigen Konstanten voraus.

Live spielte das Sextett auch mal als Quintett, und wirklich jeder scheint trotz aller Brillanz ersetzbar. Dass Arne Schmidt die Band nach Fertigstellung des Albums und einiger Auftritte mit dem neuen Programm nun endgültig verlässt – zumindest war das der Stand der Dinge zum Redaktionsschluss – ist in der jungen Bandge­schichte ebenso eine Zäsur wie die Schlie­ßung des M Belleville, das abgesehen von denjährlichen Gypsy Jazz Tagen im Theater im Fraunhofer die regelmäßige Spielstätte der gemeinsamen Sessions war. Aktuell wandert die Session daher auch durch die Stadt und landet beispielsweise am 13. Dezember in der Bar Gabányi am Beethovenplatz. Der Weg­gang eines Stammmusikers sei schade, sagt Fischer, aber gemäß der eigenen Bandphilo­sophie kein Grund, die Band neu zu definie­ren. Zumal angefragte Gastmusiker für die Albumpräsentation in der Milla den Gypsy Jazz des Hot Club de M Belleville schon immer hätten bereichern dürfen. Wenn sich dann auch noch Tänzer aus den in München ansässigen Swingtanzclubs zu den Konzerten begeben, gerät die Swingparty des Hot Club de M Belleville zu einer der aufregendsten Zeitreisen in der Stadt. ||

HOT CLUB DE M BELLEVILLE
Milla| Holzstr. 28 | 22. Nov.| 20 Uhr
Tickets: 0761 8878811

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