Herman van Veen ist noch einmal unterwegs. Wer fröhliche Melancholie liebt, sollte sein Konzert in der Isarphilharmonie nicht verpassen.

Herman van Veen

Clown und Seelentröster

herman van veen

Herman van Veen | © Wim Kempenaers

Eine Figur, die sich permanent selbst befragt, warum sie so ausgesprochen fröhlich ist, so verblüffend fröhlich, fast übertrieben fröhlich? Die würde auch in die heutige Zeit gut passen, in der es gefühlt nicht allzu viel zum Lachen gibt. Ende der 1980er war diese ungeheuer fröhliche Figur die kleine, gelbe Ente Alfred J. Kwak in der gleichnamigen Zeichentrickserie. Wer die preisgekrönte Serie als Kind gesehen hat, der hat sicher heute noch deren Abspannlied »Warum bin ich so fröhlich« als Wurm im Ohr. Das Lied stammt von Herman van Veen. Der niederländische Liedermacher, Violinist, Schriftsteller, Clown und Schauspieler hat auch die Musikfabel »Alfred Jodocus Kwak« geschrieben, auf der die Serie beruht. Und vielleicht weil man ihn deswegen so eng mit der eigenen Kindheit verbindet, fällt es so schwer zu glauben, dass der Niederländer vor wenigen Wochen, am 14. März, 80 Jahre alt geworden ist.

Auch sonst wirkt der singende Clown, als der er sich selbst gerne bezeichnet, irgendwie zeitlos. Und er ist natürlich noch weit mehr als der Erfinder und Ziehvater von Alfred Jodocus Kwak, dessen Name übrigens auf Alfred Biolek zurückgeht. Der war es, der zusammen mit Thomas Woitkewitsch Herman van Veen 1972 für das deutsche Publikum entdeckt hat. Das war dasselbe Jahr, in dem Biolek auch die britische Komikergruppe Monty Python ins deutsche Fernsehen brachte. Fünf Jahre später war dort die sechsteilige Serie »Die seltsamen Abenteuer des Herman van Veen« zu sehen. Darin lebt van Veen mit seiner Frau Marlous und acht anderen Künstlern und Musikern in einer Windmühle, die mitten im Olympischen Dorf in München steht. Eine wichtige Rolle spielen dabei Gemälde, die der Protagonist lebendig machen kann.

Wenn nun van Veen auf seiner Anfang März in Holland gestarteten »80«-Tournee am 24. Mai in die Isarphilharmonie in München kommt, darf man also durchaus sagen, dass der Chansonnier und Musiker eine besondere Beziehung zur bayerischen Hauptstadt hat, wie auch allgemein zu seinen deutschen Fans. Sind von den gut 180 Alben und etwa 80 Büchern, die der 1945 in Utrecht geborene Liedermacher und Poet seit Ende der 1960er herausbrachte, doch viele auf Deutsch erschienen. In seiner Heimatstadt hat van Veen auch am Konservatorium studiert, Geige, Gesang und Musikpädagogik. Und wie er kürzlich in einem TV-Interview sagte, wusste er als junger Mensch zunächst nicht, ob er Sänger, Geiger oder Lehrer werden soll. Stattdessen gründete er dann mit dem Pianisten Erik van der Wurff die Kabarettgruppe »Cabaret Chantant Harlekijn«.

Vom ersten Moment auf der Bühne an wusste er: Das ist es! Auch das hat van Veen, der übrigens außerdem Maler ist, in dem TV-Interview gesagt. Und weil das fröhliche Chaos der Harlekin-Show bei Kritik und Publikum gut ankam, folgten bald die ersten Schallplattenaufnahmen und Fernsehauftritte. Mit dem Harlekin der Commedia dell’Arte, der auf spielerische Weise Lügner entlarvt und, wie er selbst in der erwähnten ARD-Serie, Kreativität und Utopien beflügelt, sieht van Veen tatsächlich auch eine enge Verwandtschaft. Als musikalische Vorbilder hat er einmal die Giganten Bob Dylan und Leonard Cohen genannt, die wiederum für einen jungen Liedermacher wie ihn viele Türen geöffnet hätten. Seine niederländische Interpretation von Cohens »Suzanne« war im Jahr 1969 in seiner Heimat tatsächlich auch sein erster Hit.

In Deutschland gehört »Suzanne« neben »Warum bin ich so fröhlich«, »Unten am Deich« oder »Kleiner Fratz« ebenfalls zu den bekanntesten Liedern. Genauso wie das beschwingte »Anne«, ein Liebeslied, das Herman van Veen für eine seiner Töchter geschrieben hat. Seine Texte? Sind oft poetische, humorvolle Blicke auf den Alltag, auf »verrückte« Dinge wie die Liebe, das Schwimmen, das Gehen, das Eigentum, über die er im Lied »Was fast Verrücktes» singt. Ein Seelentröster, das ist der Sänger mit dem weichen Bariton und dem sympathischen Akzent auch. Vielleicht ist es kein Zufall, dass kürzlich in der ARD sein Landsmann Rudi Carrell zum beliebtesten Showmaster aller Zeiten gewählt wurde. Da scheint doch so eine besonderen Beziehung zwischen der deutschen und der niederländischen Seele zu sein. Wie Carrell oder alle großen Komiker ist Herman van Veen im Herzen aber auch ein Melancholiker. So schlägt auch der Alfred-J.-Kwak-Song irgendwann in die Zeilen »Ich bin auch schon mal traurig / So abgrundtief traurig« um. Es ist aber eine mitfühlende Trauer, was wiederum seine politischen Lieder gegen den Krieg oder die Apartheid in Südafrika erklärt. Ein Album mit Liedern von Franz Schubert, dem Weltmeister der Traurigkeit, gibt es von ihm übrigens auch. Auf der Bühne? Da mimt van Veen dann aber doch am liebsten den Clown, wie bei seinem wunderbaren Auftritt 2019 in der Münchner Philharmonie. Da gab es eine Ballett- und Jodel-Einlage, eine herrliche Opernpersiflage. Wenn man sich danach fragte, warum man trotz durchaus ernster Themen so fröhlich nach Hause ging, da wusste man: Das lag an Herman van Veen. ||

HERMAN VAN VEEN
Isarphilharmonie | Hans-Preißinger-Str. 8 | 24. Mai | 20 Uhr | Tickets: 089 54818181 | Website

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