Das Tollwood Sommerfestival holt wieder Popstars in seine Arena. Und Iggy Pop ist einer der ganz Großen.
Iggy Pop
Viel Pop um Pop

Iggy Pop | © Jimmy Fontaine
Wer im Alter von 78 Jahren noch immer die Welt bereist, um als lederhäutiger Punk-Derwisch über die Bühne zu wirbeln, anstatt zu Hause in Miami die Sonne Floridas zu genießen, macht das natürlich aus einer unbedingten Leidenschaft heraus. Wie alternativlos diese Passion bei James Newell Osterberg Jr. alias Iggy Pop ausfällt, lässt sich etwa einem Interview mitder »Augsburger Allgemeinen« entnehmen, die ihn bereits 2019 fragte, wie es denn mit etwaigen Rentenplänen aussähe. Bündige Antwort: »Ich wüsste nicht, wie das funktionieren sollte. Wenn das Telefon klingelt, gehe ich ran.« Ganz offensichtlich hat diese Ansage auch heute noch Bestand. Denn knapp drei Jahre nach seinem umjubelten Auftritt in der (für eine Proto-Punk-Ikone etwas arg bourgeoisen) Isarphilharmonie ist Iggy Pop nun bereits wieder auf Achse. Und hat mit »Every Loser« von 2023 sogar ein mehr oder weniger neues Album dabei. Es ist sein inzwischen 19. Werk untereigenem Namen und versammelt mit Musikern wie dem Bassisten Duff McKagan von Guns N’ Roses, dem Pearl-Jam-Gitarristen Stone Gossard oder dem viel zu früh verstorbenen Drummer Taylor Hawkins von den Foo Fighters eine illustre Reihe an Gastmusikern.
Vor allem aber lässt sich diese ebenso energetische wie stilistisch breit gefächerte Platte der Songs auch als revuehafte Versammlung der verschiedenen Inkarnationen eines Künstlers hören, bei dem es nicht immer nur schnurstracks nach oben ging. Iggy der Unverwüstliche ist in diesen elf Songs nicht selten der Radaubruder, der mit den Stooges bereits Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger den Boden für den Punk bereitete, als der noch nicht mal als Wortschöpfung in der Welt war. Gleichzeitig aber eben auch mal stimmbandgereifter Crooner, faszinierender Spoken-Word-Grummler und in der hintersinnigen Persiflage »The News For Andy (Interlude)« sogar ein ziemlich überzeugender Werbefuzzi. Wie gut also, dass Iggy Pops nun mehr als ein halbes Jahrhundert andauernde Karriere immer dann von seinem 2016 verstorbenen Lebensfreund David Bowie angeschoben wurde, wenn sie Gefahr lief, im Sande zu verlaufen. Da war etwa Bowie, der als Mitproduzent des legendären dritten Stooges-Albums »Raw Power« der Platte allein schon über seine Prominenz einen kommerziellen Schub verpasste. Oder Bowie, der mit seinem Freund und Protegé Mitte der Siebziger zum gemeinsamen Drogenentzug und auf der Suche nach neuen künstlerischen Wegen nach Westberlin aufbrach. Und Bowie, der als Songwriter und Produzent Iggys wichtigste Soloalben »The Idiot« und »Lust For Life« mitverantwortete.
Im Juni-Programm des Tollwood-Festivals, das in der Arena am 19.6. mit dem einstigen VoiceOf-Germany-Coach Samu Haber startet, wird der »Godfather of Punk« nun von Roxette am 23.6. (mit neuer Sängerin Lena Philipsson) und dem irischen Schmusebarden Ronan Keating am 25.6. eingerahmt. Ganz schön viel Pop um Iggy Pop also, bevor am 30.6. die Southern-Rock-Band Lynyrd Skynyrd ihr 50. Jubiläum feiert und das Sommerfestival bis zum 20. Juli diverse weitere Stars von Patti Smith (14.7.) bis Jamie Cullum (20.7.) nach München holt. ||
TOLLWOOD FESTIVAL: IGGY POP
Olympiapark Süd | Spiridon-Louis-Ring | 24. Juni | 19 Uhr | Tickets: 089 3838500
Weitere Vorberichte finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Das könnte Sie auch interessieren:
Ebow: Die Rapperin aus dem Münchner Westend
Fischer-Z: Live im Backstage München
1984: Die Oper am Theater Regensburg
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton